Objekt Otto Lilienthal – Konzept von Susanne Haun und Objektrohling von Ullrich Zeidler

Objekt Otto Lilienthal – Konzept von Susanne Haun und Objektrohling von Ullrich Zeidler

„Was ist Konzeptkunst?“
fragte mich vor einiger Zeit Gabi Stark (hier ihr Blog) und ich schrieb ihr einen Artikel für ihren Newsletter, den man hier abonieren kann.

Ein Bild erschließt sich uns relativ schnell – wir stehen davor und können sofort
sagen: „Gefällt mir“ oder „Gefällt mir nicht“. Wir müssen es dafür nicht
interpretieren und wir brauchen keine Biographie des Künstlers.
Bei der Konzeptkunst wird der Betrachter aufgefordert, sich in das Werk hinein zu
versetzen oder hinein zu fühlen und sich mit den Gedanken des Künstlers
auseinander zu setzen und seine eigenen Gedanken hinzuzufügen.
Es sind oft Skizzen von Objekten, die noch keine Ausführung gefunden haben und
als Idee stehen bleiben.

Entstehung Objekt Otto Lilienthal in der Glaserei Terasa (c) Foto von Jeanette Zeidler
Entstehung Objekt Otto Lilienthal in der Glaserei Terasa (c) Foto von Jeanette Zeidler

Der Begriff KONZEPTKUNST ist ein Sammelbegriff für künstlerische Arbeiten, für die
es keine klare Definition gibt – am Anfang wurden z.B. auch abstrakte Bilder dazu
gezählt, heute zählen die vielfältigen Ausdrucksarten der Computerkunst dazu.
Skizzen und Bauanleitungen von Objekten zählen zur Konzeptkunst. Ich überlege
die ganze Zeit, ob die Anleitungen und Skizzen von Otto Lilienthal nicht selber
schon zur Konzeptkunst gezählt werden können. Bevor Lilienthal sich dazu
entschied, Ingenieurwesen zu studieren, waren seine Freunde der Meinung, er wird
Künstler.

Ich finde der Grat zwischen Mathematik, Naturwissenschaft und Kunst ist
sehr schmal. Man denke nur an die vielen Entwürfe und Zeichnungen von Leonardo
da Vinci. Ist er der erste Konzeptkünstler?

Dadurch, dass die Bauanleitung als Konzept für die Kunst steht, ist der Betrachter
der Anleitungen gefordert, die Objekte mental zusammenzusetzen. Er ist dann
wieder gefordert und kann die Kunst nicht alleine an sich „vorbeirauschen“ lassen.
Wenn wir weiter in der Geschichte der Konzeptkunst schauen, dann sehen wir, dass
als Mitbegründer der Konzeptkunst Sol LeWitt gilt.

Objekt - Konzept Otto Lilienthal (c) Foto von Susanne Haun (3)
Objekt - Konzept Otto Lilienthal (c) Foto von Susanne Haun (3)

Er plante vorab das gesamte Kunstwerk, so dass die Ausführung mechanisch und
auch nicht von ihm selber ausgeführt werden musste.

Vor Sol LeWitt führte Duchamps, Maler- und Objektkünstler, die Gedankenskizzen
in die Kunst ein, die mit der Konzeptkunst noch stärker beachtet wurden. Mich
fasziniert dabei Duchamps 10 jähriges Projekt „Die Neuvermählten, von ihren
Junggesellen entkleidet“. Duchamp ist natürlich ebenso ein Mitbegründer der
Konzeptkunst.

Cy Twombly, der leider Mitte des letzten Jahres verstarb, setzte sich mit der
Konzeptkunst auseinander und baute Zeichensysteme in seine Bilder ein. Diese
Zeichnungen gingen an der Grenze dessen, was der Betrachter „verstehen“ kann,
was kommunizierbar ist.

Der Schaffende kann in der Konzeptkunst nicht nur etwas abbilden, also auf visuelle
Reize des Betrachters eingehen, sondern den Betrachter in das Konzept mit
hineinziehen und ihn daran teilhaben lassen. Ideen und Philosophien werden
dargestellt.

Dieses ineinander Zahnen der Dinge gefällt mir und so habe ich auch besonders
große Freude und Schaffenskraft an meinen Projekten, die ich im Moment
realisiere. Neben der Zeichnung werde ich viel mit Glas arbeiten, was in meiner
Geschichte begründet liegt. Ich komme aus einer Glaserfamilie. Vor meinem Bruder
war mein Vater selbständiger Glasermeister und mein Bruder führt das
Familienunternehmen weiter. So bin ich schon mein Leben lang mit dem Material
Glas konfrontiert. Als 18jährige restaurierte ich mit meinem Vater in der Berliner
Charité Rudolf Virchow die Bleiverglasungen der Kirche des Geländes. Die
Kirchenfenster waren Abstrakt und jede Scheibe hatte eine andere Glasstruktur,
Oberfläche und Farbe.

Zur Konzeptkunst gehört, dass man seine Ideen nicht selber persönlich umsetzen
muss aber kann.

Ich mag es verrückte Ideen, die ich im Kopf habe auch umzusetzen und mir ist es wichtig,
dass sie immer Elemente von mir besitzen, die meine zeichnerische Handschrift tragen.
So habe ich für meine Definition von Konzeptkunst eine andere Lösung gewählt,
die meine Zeichnung als klassisches Element mit einem Glaskubus, den mein Bruder Ullrich
Zeidler, der Glasermeister
ist, nach meinen Vorstellungen baut, kombiniert.
So ist die Rolle des Lebens entstanden: aus Skizzen und eine 1000 x 400 mm
großen Zeichnung. Natürlich kostet es Geld, diese Skizzen und Anleitungen in
Objekte umzusetzen.

Objekt - Konzept Otto Lilienthal (c) Foto von Susanne Haun (4)
Objekt - Konzept Otto Lilienthal (c) Foto von Susanne Haun (4)

Zur Zeit zeichne ich an einer zweiten Rolle und bin schon auf dem 4. Meter. Die
Konstruktionszeichnungen für den Kubus, der diese Rolle umschließt, ist noch nicht
fertig, da ich aus Zeitgründen mit einem anderen Projekt beschäftig bin.

Am 3. Juni 2012 schließt der Flughafen Berlin Tegel Otto Lilienthal für immer seine
Tore und der Flugverkehr wird von da an von Berlin Schönefeld abgefertigt werden.
Am 4. Juni 2012 wird vom Kunstamt Reinickendorf die Ausstellung Berlin Tegel –
Eine Hommage an den Flughafen im Herzen Berlins“ eröffnet. Ich zeige mit
Christiane Weidner, Fotografin und Frank Koebsch, Aquarellist unsere Gedanken
zum Flughafen.
Dafür habe ich vor 100 Überzeichnungen in A4 auf Konstruktionszeichnungen
Lilienthals zu zeichnen. Thematisch beschäftigt sich alles mit dem Traum vom
Fliegen. Im Moment bin ich bei der Nummer 40 und habe auch schon für die
Präsentation im Objekt erste Skizzen.

Ebenso werde ich für die Ausstellung ein Objekt arbeiten, das Glasscheiben in
verschiedenen Durchsichten auf einen Holzsockel zeigt. Meine Zeichnungen werden
über Sockel und Scheiben gehen und so immer neue Ansichten für den Betrachter
ermöglichen.

Mein Bruder Ullrich Zeidler (hier seine Referenzen) wußte aus den Konstruktionszeichnungen und den Besprechungen, die wir mit dem Material hatten genau, was ich wollte. So kam er gestern mit meinem Objektrohling ins Atelier und ich bin voller Begeisterung für seine Arbeit. Es paßt perfekt! Die runden Ecken hat er sich dazu überlegt, sind sie nicht einmalig geschliffen?

Heute habe ich den Sockel grundiert. Dabei hilft mir meine langjährige Erfahrung mit dem Material Acryl. Ich möchte eine bewegte weiße Fläche als Untergrund für den Glaskörper! Ich mag die Rillen (oder Nute) wo der Glaskörper in den Sockel eingepaßt wird.

Objekt - Konzept Otto Lilienthal (c) Foto von Susanne Haun (5)
Objekt - Konzept Otto Lilienthal (c) Foto von Susanne Haun (5)

Ich freue mich sehr auf die Arbeit, mein Objekt zu dem zu gestalten, was ich mir vorgestellt habe.

Danke Ulli, dass du mir das ermöglichst!
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Objekt Otto Lilienthal – Konzept von Susanne Haun

8 comments

  1. Liebe Susanne, ich danke dir nochmals für den ausführlichen Artikel im Newsletter. Wie ich hier lese bist du um Ideen nicht verlegen. Toll was du so auf die Beine stellst. Liebe Grüße Gabi

  2. Hallo,

    Mannomann da bin ich ja gespannt. Das mit dem Glas ist ja toll.
    Schöne Grüsse auch an Ulli, die Rundungen sind der Hammer. Das macht das ganze nicht so „kantig“.
    Bin schon gespannt auf die Ausstellung.

    Liebe Grüsse Tanja

  3. Liebe Susanne,
    das sieht toll aus, ich bin schon gespannt, diesen Zwischenstand beim nächsten Mal im Atelier zu sehen, denn in „natura“ ist es noch beeindruckender, wie ich schon beim letzten Mal festgestellt habe! Gruß an Ulli, tolle Arbeit!
    LG Claudia

    1. Guten Morgen Claudia,
      ja, ich werde heute Mittag auch weiter an dem Objekt arbeiten. Es krippelt mir natürlich in den Fingern. Die Grüße an Ulli habe ich gestern schon bestellt. Er ist noch ganz skeptisch ob des vielen Lobs…. 🙂
      Grüße von Susanne

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