Die Windblüte geht auf – Zeichnung von Susanne Haun

Die
Windenblüte
geht
ganz
gelassen
auf
im
Winde
morgens

– Dômei

6 Windblume Version 2 24 x 32 cm (c) Zeichnung von Susanne Haun
6 Windblume Version 2 24 x 32 cm (c) Zeichnung von Susanne Haun

Ein Haiku ist die kürzeste der lyrischen Formen der Weltliteratur und kommt ursprünglich aus Japan.
Für den Europäer ist ein Haiku auch wenn es übersetzt ist, nicht einfach zu verstehen. Es gehört ein einlassen dazu, eine Bereitschaft den Worten einen tieferen Sinn zu geben.

Ein Haiku ist nicht zu vergleichen mit den Gedichten unserer Größen Goethe oder Hölderlin.
Ein Haiku ist vergleichbar mit einer Zeichnung, deshalb mag ich diese Form der Gedichtskunst auch besonders. Der Leser ist aufgefordert den Sinn zu ermitteln und auch über eine Fortsetzung oder einen Schluss nachzudenken. Trotzdem ist es nicht gewährleistet, dass er dem Haiku auf den Grund gehen kann oder ihn erkennt.

Die Zeichnung erfordert große Abstraktion und eine Reduzierung auf das Wesentliche ist notwenig. Auch hier ist der Betrachter in den Schaffensprozeß einbezogen.

In Japan sind Haikus Zeichnungen und es gibt drei wichtige Regeln von den Dichtern der Haiku Zeit des 17. Jahrhunderts.

3 Entstehung Windblume (c) Zeichnung von Susanne Haun
3 Entstehung Windblume (c) Zeichnung von Susanne Haun

1 Haiku soll, und sei’s nur in einer Andeutung, einen Naturgegenstand erwähnen außerhalb der menschlichen Natur.

2 Es soll sich auf ein einmaliges Ereignis (Situation) beziehen

3 Das Ereignis / die Situation soll als gegenwärtig dargestellt und nicht als vergangen berichtet werden.

Ein Haiku gilt nicht als reine Kunstform sondern als Existenz und Welterfahrung.

Ich zeichne sehr gerne nach Haiku, weil sie kein genaues Bild sondern eine Vielzahl von Möglichkeiten in sich bergen. Meine ersten Haiku habe ich 1998 mit Acryl und Öl-Kreide auf Packpapier gezeichnet. In den letzten Tagen habe ich meine Tusche und Feder benutzt, was auch der japanischen Darstellung sehr viel näher kommt.

1 Entstehung Windblume (c) Zeichnung von Susanne Haun
1 Entstehung Windblume (c) Zeichnung von Susanne Haun

Während des Zeichnens habe ich die Windblüte als abstrakte, nicht existierende Blüte gesehen, eine Mischung aus Wind und Blättern. Erst nachdem die Zeichnungen fertig waren habe ich nachgeschlagen und entdeckt, das Windblumen Königskerzen sind. Ich bin froh, dass ich das nicht zu beginn meiner Zeichnungen wußte.

For my English-speaking readers:

Wind blossom
goes on
all
calmly
in
the wind
in the morning

– Domei

5 Windblume 30 x 40 cm (c) Zeichnung von Susanne Haun
5 Windblume 30 x 40 cm (c) Zeichnung von Susanne Haun

A haiku is the shortest kind of lyrical form of world literature and is originally from Japan.
For the Europeans, a haiku is also when it is translated, not easy to understand. It includes an admit to a willingness to give the words a deeper meaning.
A haiku is not considered a pure art form but as existence and experience.
I draw very often haikus, because they do not pose a clear picture but a multitude of possibilities. My first haiku 1998 I painted with acrylic and oil pastel on brown paper. In recent days I have used my spring and ink, which is also the Japanese representation much closer.

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Krusche, Dietrich. Herausgeber. Haiku. München [1994]² 1997

20 comments

    1. Danke, Roswitha, ich mag diese Farben zur Zeit auch besonders. Das Ocker glänzt wie Gold.
      Ich merke mir Haikus in Bildern und so fällt es mir einfacher, sie präsent zu halten als ein Gedicht.
      Einen schönen Tag wünsche ich dir, ich besuche heute zwei Seminare an der Uni und will in die Uni-Bibliothek. Darauf freue ich mich schon sehr.

        1. Es war spannend und ein bißchen enttäuschend. Ich habe nicht eines der Bücher bekommen, in denen ich über Caravaggios Amor lesen wollte. Ich hatte mir die Titel im Internet herausgesucht, ich wußte aber nicht, dass es zwei KHIs (Abkürzung für Kunsthistorisches Institut in Berlin und Kunsthistorisches Institut in FLORENZ ) Natürlich hatte ich nur Bücher herausgesucht, für die ich nach Florenz fahren muß :-). Der Bibliotheksleiter beruhigt mich damit, dass ich nicht die erste sei, der das passiert ist.
          Ich wünsche dir einen gemütlichen Abend, Susanne

            1. Ja, in der Nationalgalerie hängt der siegreiche Amor und ich beschäftige mich mit den vielen Analysen und Texten zum Bild. Ich finde es absolut faszinierend, was es zum Bild zu sagen gibt.

  1. Ich mag diese Form des Gedichtes, es regt an, es ist so offen für Gedanken, toll.
    Die gewählte Farbkombination bringt Wärme und Licht..genau richtig.
    LG Isis

    1. Ich find auch, Isis, dass Haikus Phantasie und Gedanken frei setzen. Deshalb mag ich sie auch so.
      Ich kann dir das Buch Haiku Japanische Gedichte aus dem dtv Verlag empfehlen. Es hat Bambus vorne auf dem Umschlag.
      LG Susanne

  2. Es ist schon atemberaubend, was du täglich an Gedanken und Bildern zu Papier bringst. Immer wieder neue Kompositionen, assoziativ und hinterfragend, expressionistisch und sensibel. Zwischendurch wieder eine Ausstellung, selbst gestaltet oder besucht, gleichzeitig Arbeit an einem Buch.
    Schläfst du eigentlich auch mal?

    1. Hallo Reinhard,
      ja ich schlafe sehr viel und ich halte sogar Mittagsschlaf, um neue Kraft aufzutanken. 🙂 🙂 🙂

      Die Kunst ist mein Beruf, meine Profession und meine Leidenschaft, so dass ich ihr fast die ganze Zeit widme, die ich habe.
      Aber das mache ich sehr gerne und von Herzen. Es ist keine Pflicht sondern eine Notwendigkeit für mich.

      Danke für dein vieles Lob 🙂

      Ich wünsche dir einen schönen Abend Susanne

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