Dem Disegno auf der Spur und mein Selbstportrait-Tagebuch – Susanne Haun

Der Begriff Disegno hat mich noch nicht wieder losgelassen (siehe hier).

Ich habe mir aus der Zentral- und Landesbibliothek den „Kemp-Reader“ bestellt, da immer wieder auf einen Aufsatz des Kunsthistoriker Wolfgang Kemp verwiesen wird, wenn die Sprache auf Disegno kommt.

Selbstportrait Tagebuch 25. Woche (c) Zeichnungen von Susanne Haun
Selbstportrait Tagebuch 25. Woche (c) Zeichnungen von Susanne Haun

Kemp betrachtet die Geschichte des Begriff Disegno von 1547 bis 1607. Ich habe beim Lesen Notizen von den Aussagen geschrieben, die mir wichtig erschienen. Schon damals waren sich die Gelehrten nicht einig, wie der Begriff zu definieren ist.

Vasari (Florenz): Disegno stellt sich erst nach der Schöpfung des Weltalls ein.

Doni (Venedig): Disegno ist der göttliche Urplan der Entstehung der Welt. Das verbindende gemeinsame aller Künste ist in der geistigen Herkunft.

Vasari: Wenn er die Erfindung, die Idee, aus dem Urteilsvermögen gewonnen hat, ist er auch darauf angewiesen, durch jahrzehntelange Übung (sein Handwerk) das gedachte auszudrücken.

Disegno bestimmt den künstlerischen Prozess.

Das führte mich zu der Frage, wie das Disegno zur Konzeptkunst steht, denn dort findet eine Trennung zwischen Idee und Ausführung statt.

Vasari: Disegno übernimmt die aktive Vermittlerrolle zwischen der Natur und dem Kunstwerk.

Vasari stellte sich damit gegen die neuplatonische Strömung seiner Zeit, in der die Idee das Gegebene war und nicht nur ein Abkömmling der Naturwirklichkeit.

Selbstportrait Tagebuch 23. Woche (c) Zeichnungen von Susanne Haun
Selbstportrait Tagebuch 23. Woche (c) Zeichnungen von Susanne Haun

Was hat Disegno mit meiner Kunst zu tun?

Die jahrzehntelange Übung in der Zeichnung kann ich mein Eigen nennen.
Die Idee?
Ich habe viele Ideen, leider habe ich für 90% meiner Ideen keine Zeit, sie zu verwirklichen.
Bei manchen Ideen, wie bei der Rolle (siehe hier), brauche ich Hilfe bei der Ausführung – nicht bei der Zeichnung aber beim Bau der Kästen. Und ich brauche Geld, um die Kästen bauen zu lassen.

Ich arbeite zur Zeit an der dritten Rolle. Die erste ist in einem Prototyp von Glaskasten, an dem es noch einiges zu verbessern gibt. Ich denke über einen neuen Kasten nach, der an der Wand hängen soll. Da ist viel zu bedenken:
Die Aufhängung, das Gewicht, das Rollsystem und vieles mehr…..

Und bei all dem reflektiere ich mich selber in meinem Selbstportrait Tagebuch. Es hilft mir. Die Idee ist nicht neu aber es ist Kontinuität erforderlich. Ich freue mich schon, wenn wieder drei Tage herum sind und ich den Blick auf mich selber werfen kann.

Selbstportrait Tagebuch 24. Woche (c) Zeichnungen von Susanne Haun
Selbstportrait Tagebuch 24. Woche (c) Zeichnungen von Susanne Haun

For my english reader:
I try to understand the consept „disegno“ and read a book from the art historian Wolfgang Kemp. Vasari and Doni had different persecptions about this term. Vasari thought, the best execution is important and the execution follows the given nature. Doni thought, the idea is more important and was before the building of the universe.
I ask me what means this term in my art?
I think my execution is excellent and whats about my ideas? I will think about it the next time.
If I have time… most of my ideas are lost on reason on less time.
Solong – I reflect myself in my Selfportrait notebook.

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Kemp, Wolfgang. „Kemp-Reader“. Berlin 2006.

10 comments

  1. Schön, dass du deine Stimmungen zeichnerisch festhalten kannst, auch die Stimmungsschwankungen. Und interessant für mich zu betrachten! Auch deine theoretischen Ausführungen sind interessant. LG Roswitha

    1. Danke, Roswitha, die mich mit einem neuen Profilbild anschaut!
      Schön!
      Ja, diese Schwankungen —- in den Stimmungen — Himmelhochjauchzend zu Tode betrübt…….
      LG Susanne

  2. Jeden Tag ein Selbstportrait, das gefällt mir. Ich hatte es mal mit der Kamera versucht, aber die Herausforderung, dem eigenen Blick standzuhalten, war zu groß..;-)

    1. Ich mag die Kontinuität und die damit verbundene Veränderung, die in den Portraits ersichtlich ist.
      Ich kann an der Linie sehen, ob ich guter oder schlechter Stimmung bin.
      Es gilt natürlich immer den inneren Schweinehung zu überwinden. Da ich aber so oder so täglich zeichne, gelingt mir das 🙂

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