Disegno – das künstlerisches Schaffen und der Tod – Susanne Haun

Wann wurde aus dem „Handwerk Kunst“ die Kunst?

Am Freitag berichtete ich schon von der Geschichte des Begriffs Disegno (siehe hier). Inzwischen habe ich mich weiter mit dem Begriff auseinandergesetzt und gelesen, dass Cellini vom „Disegno primo, der im Bereich der Phantasie gestaltend wirkt und vom disegno secondo, der die Erfüllung des ersteren in der Gestaltung von Linien bedeutet“².

Unter meinem Arbeitsplatz (c) Rolle von Susanne Haun
Unter meinem Arbeitsplatz (c) Rolle von Susanne Haun

Im 20. Jahrhundert beschäftigte sich Panofsky, einer der bedeutesten Kunsthistoriker des 20. Jahrhunderts, mit dem Begriff disegno. Er formuliert, dass die Legitimation des künstlerischen Schaffens und seine Intellektualisierung eine vom Künstler selbst vorgenommene Aufwertung seiner gesellschaftlichen Position ist. Es ist die Loslösung vom alten Zunft- und Handwerksdenken.

Ich frage mich dabei, welche gesellschaftliche Postion hat der Künstler heute in unserer Zeit?

Gerne möchte ich die Frage mit euch diskutieren, denn ich finde sie nicht einfach zu beantworten.

Bildlich zeige ich euch meine neusten Ergebnisse der Illustration von Ferdinand Lassalle. Lassalle starb bei einem Duell um Helene von Dönniges.
Ich zeichne selten (nie) das gesamte Universum und so griff ich mir die tödliche Hand und den Tod in Form eines Skeletts heraus, um diese Szene darzustellen. Da fast jeder Betrachter eine Vorstellung von einem Duell hat, möchte ich hier mit den einzelnen Teilen der Szene
die Fantasie der Betrachter aktivieren.

Der Tod greift nach Lassalle (c) Zeichnung von Susanne Haun
Der Tod greift nach Lassalle (c) Zeichnung von Susanne Haun

Auch der Tod fand einen Platz auf meiner 10 Meter langen Büttenrolle. Ich zeichne sie zuhause an meinem Arbeitsplatz und die Enden hängen an beiden Seiten herunter.

For my english reader:
I ask me which social occassion has the artist? Do you meanwhile think about it? I want to discuss this question with you.

16 comments

  1. Liebe Susanne,
    die Rolle des Künstlers in unserer Gesellschaft …
    Das ist ja ein großes und zugleich spannendes Thema. Ohne nun lange darüber nachzudenken – du weißt ja, ich genießen gerade meine faule Phase – würde ich sagen,er ist der Kritiker an der gemeingesellschaftlich verordneten Sichtweise, wobei er seine Kritik positiv in seiner Gestaltung ausdrückt. Naja, vielleicht so etwas, wie ein moderner Hofnarr?
    Das ist mein erster Gedanken, aber ich bin mächtig gespannt, was die anderen meinen.
    Ganz liebe Grüße aus dem Garten, iiiieh ich habe Rosendornen im Daumen … nix romantisch 😉
    Klausbernd
    Dina, Siri & Selma lassen auch lieb grüßen.

    1. Lieber Klausbernd,

      leider ist eine große Sommerpause und die anderen scheinen in einem ausgedehnten Sommerschlaf zu liegen 🙂 🙂

      Mir gefällt deine Vorstellung von einem modernen Hofnarr. Hofnarren picken ja auch den Zuschauern in die Seite und weisen auf den einen oder anderen Mißstand hin. Sie dürfen das ja auch, sie sind ja Narren und nicht ganz so ernst zu nehmen.

      Ich habe oft das Gefühl, dass postiv lieb geäußerte Kritik nicht wahr genommen wird. Erst wenn der Künstler „richtig“ provokant wird, wird er auch gesehen.

      Aber was ist in unserer heutigen Zeit schon eine Provokation?

      Liebe Grüße an euch alle vier von Susanne

      1. Liebe Susanne,
        gerade komme ich von den Blümchen herein, die ich in schöne Tontöpfe umtopfe, die Dina und ich heute wohlfeil in einem Gartencentre fanden. Die sehen sooo toll aus 🙂
        Zur Provokation: Da heute fast jeder Künstler sich geradezu rührend bemüht zu provozieren und in Konkurrenz mit den Medien den Thrill noch höher zu treiben sucht, ist es doch revolutionär, in leiser Weise lieb zu kritisieren. Das ist nur so ein dialektischer Gedanken,aber ich glaube, dass da etwas dran ist. Ehrlich gesagt, finde ich Provokation langweilig, sie erfüllt meinen Erwartungshorizont und lässt mich gähnen. Zeitgenössische Kunst wirkt oft so anstrengend bemüht, völlig uncharmant. Der Verlust des spielerischen Charmes, das ist es, für meinen Geschmack zumindest, woran heute viele Kunstwerke leiden.
        So, jetzt geht`s aber wieder zu den Blümchen, die auch bisweilen in Anmut ziemlich provokant sein können.
        Ganz liebe Grüße aus dem Garten
        Klausbernd 🙂

        1. Lieber Klausbernd,

          ich mag leise Provokationen, weil sie mich mehr zum Denken anregen.
          Spielerischer Charme klingt gut.
          Es ist interessant über den Erwartungshorizont der Kunst nachzudenken.

          Ich erfreue mich gerade an meine neuen Lautsprecher für meinen iPod und will noch ein wenig zeichnen.

          Einen schönen Abend mit den Blümchen wünscht Susanne

  2. Ich schlafe nicht sondern lese und denke über dieses Thema sehr intensiv.
    Also dauert es noch eine Weile bis ich meine Meinung kund tun kann 🙂
    LG Bine

  3. was ein Künstler heute ist- erst einmal in der Regel relativ brotlos – 😉

    Spaß beiseite … es ist ein großes Thema, liebe Susanne!!! Am Sonntag dachte ich, dass Kunst die Möglichkeit ist der Seele einen Ausdruck zu verschaffen, wo Worte nicht mehr hinreichen, also ist der Künstler/die Künstlerin ein Seelensprechender … aber er/sie hat durchaus noch andere Funktionen, z.B. Sichtweisen zu verändern oder das Hier und Jetzt aus seiner/ihrer Sicht zu spiegeln, manchmal auch zu kritisieren, aufzurütteln … es kommt wohl darauf an, welche Motivation die Kunstschaffenden selbst haben, was sie treibt …
    bin, wie Klausbernd gespannt was noch hierzu geschrieben wird – warten wir doch noch ein bisschen- im Sommer geht manchmal alles einen Schritt langsamer …

    herzlichst
    Ulli
    frohes Schaffen

    1. Liebe Ulli,
      ich will schon Brot und auch Wurst mit meiner Kunst erwirtschaften. Trocken Brot ist mir zu wenig 🙂 🙂 🙂

      Ich will mit meiner Kunst erfreuen, erzählen, meine Gedanken mitteilen, selber Neues entdecken, andere zum Denken anregen, inspirieren.
      Worte in Bilder fassen….

      So weit erst einmal …..

      Liebe Grüße von Susanne

      1. erfreuen, das gefällt mir, inspirieren … aber ja- selber Neues entdecken – immer wieder gerne …
        öhm ja, aber ich möchte auch Gefühle zeigen UND Träume … nicht nur Gedanken, aber die auch …

  4. Liebe Susanne, ich komme ja selbst nicht aus einem kuenstlerischen Bereich. Wenn ich mich mit Kunst auseinandersetze, dann vor allem, um eine andere Perspektive oder neue Inspirationen zu gewinnen. Deshalb sind Kuenstler fuer mich die Geistesblitze im gesellschaftlichen Selbstfindungsprozess. Lieben Gruss, Peggy

    1. Das freut mich, ich mag die Kommentare auch. Es ist ein so spannender Begriff DISEGNO und er klingt auch noch so gut. Der Klang erfüllt auch alle Erwartungen…

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