Double Bind: Skurrile Erscheinungen – Zeichnungen von Susanne Haun

Im Rahmen meines Studiums habe ich den Text „Gian Lorenzo Bernini „Die Verzückung der heiligen Theresia““ von Stefan Kroß gelesen.

Der heiligen Theresia erschien ein Engel mit einer langen goldenen Lanze in der Hand, an deren Spitze ein Feuer schien. Diese stieß der Engel der Theresia mehrmals ins Herz. Als der Engel die Lanze herauszog blieb trotz der davorigen großen Schmerzen eine große Liebe zu Gott in Theresia zurück.“

Mitten ins Herz  (c) Zeichnung von Susanne Haun
Mitten ins Herz (c) Zeichnung von Susanne Haun

Solche Erscheinungen waren im Barock nicht selten und es galt damals zu prüfen, ob tatsächlich Gott oder der Teufel als Täuschung erschien.

Ich persönlich glaube nicht an solche Erscheinungen. Egal in welcher Zeit und in welchem Kontext. Es steht im Text, dass sehr viel Qual und Pein dieser Erscheinung voran gegangen ist. Kann durch Hunger und Leid nicht immer eine „wie auch immer geartete“ Erscheinung ähnlich einer Fata Morgana hervorkommen?

Aber ich mag die Einfachheit der Aussage, es gibt zu dieser Zeit entweder gut oder böse. Alles was dazwischen liegt, brauchten die Menschen von damals nicht zu bedenken. Hatten sie es deshalb einfacher als wir heute, für die es so unendlich viele Grautöne im Leben zwischen gut und böse gibt?

Natürlich habe ich den Text hier nur zart angekratzt und er behandelt auch nicht Erscheinungen sondern das Werk von Bernini im Raum.

Jürgen Küster und ich beschäftigen uns mit dieser Thematik, dem double bind. Wir haben begonnen, einen Blog für unser Projekt double bind zu erstellen. In dem Blog werden wir den Werdegang und das Fortschreiten des Projektes dokumentieren.

8 comments

  1. Liebe Susanne, ich denke schon, dass es glaeubige Menschen in mancher Hinsicht leichter haben, denn sie koennen Entscheidungen und Verantwortung einer hoeheren Macht ueberlassen. Andererseits haben sie es immer dann schwerer, wenn diese Macht etwas von ihnen verlangt, was ihnen widerstrebt , wie zum Beispiel das Keuschheitsgebot. Ich wuensche Dir ein schoenes Wochenende, Peggy

    1. Ja, das ist wahr, liebe Peggy, sie haben es leichter.
      Aber es ist auch gerade dass, was ich nicht verstehe.
      Wir Menschen sind in der Wissenschaft und in unserem Denken so weit voran geschritten, wie kann der Mensch da auf mittelalterliches Wissen zurückgreifen?
      Es ist nicht so, dass ich nicht erkenne, dass unsere westliche Gesellschaft auf die 10 Gebote der Bibel aufbaut und ähnliches gibt es in jeder Religion.
      Und schliesslich begehen wir heute den 1. Advent, der absolut christlich ist, und den wir Menschen in der Regel alle lieben!
      Liebe Grüße und einen schönen 1. Advent von Susanne

  2. Liebe Susanne,
    feine Bilder, wie immer, bes. das letzte vom Schutz im Inneren gefällt mir und lässt mich schmunzeln.
    Ich nehme auch die Sprache von Heiligen, Erleuchteten und Konsorten als metaphorisch.
    Aber was ich nicht verstehe, wie hängt denn diese Geschichte mit double bind zusammen?
    Schönes Wochenende dir.
    Ganz, ganz liebe Grüße
    Klausbernd

    1. Lieber Klausbernd,
      ich habe mich am Anfang auch sehr schwer damit getan, double bind und das Engel-, Heiligenbild zu kombinieren.
      Ich brauchte sogar ein Jahr, um darüber nachzudenken und es für mich anzunehmen.
      Jürgen fand es im übertragenen Sinne passend.
      Er hat double bind als Zwiespalt des Menschen gedeutet, als Zwiespalt an die Schutzengel Thematik zu glauben oder nicht zu glauben oder ein bißchen zu hoffen, dass es einen Schutzengel gibt.
      Er ist natürlich nur ein Symbol, der Engel in Berninis Skulptur. Er macht die Erscheinung oder die Gottesbegegnung der heiligen Theresia nur erkennbar für den Betrachter.
      Aber ich glaube deshalb nicht mehr daran. Vielleicht kann es auch so gedeutet werden, dass sie durch die ständige Lektüre und das ständige Gebet eine höhere Phäre des Glaubens erreicht. Durch ständiges Studium und Meditation verändert sich natürlich das Wesen Mensch.
      Einen schönen ersten Advent nach Cley sendet dir mit lieben Grüßen Susanne

      1. Liebe Susanne,
        danke für die Erklärung.
        Ich war nur deswegen etwas verwirrt, da in der kommunikationstheoretischen und psychologischen Fachsprache der DB weniger mit einer Spaltung der Person zu tun hat, sondern mit einer Situation, in der man sich nur falsch verhalten kann. Watzlawick, von dem dieser Begriff stammt, verdeutlicht ihn mit folgender Geschichte: Ein Sohn bekommt von seiner Mutter zu Weihnachten einen roten und einen gelber Schlips geschenkt. Als er nach Weihnachten seine Mutter besucht, trägt er den roten Schlips. Sie drauf: „Hat dir der gelbe Schlips nicht gefallen?“
        Kurzum: DB ist eine Situation, in der der Akteur keine Chance hat, richtig zu handeln (aus der Sicht eines anderen).
        Ich lese übrigens gerade einen klug gemachten Roman von Umberto Eco „Der Friehof in Prag“, in dem die Spaltung des Protagonisten die Konstituierende des Plots ist.
        Die heilige Theresa, ist das die von Avila, die auch von den Sufis auf einer Stufe stehend mit Rabia und Johannes vom Kreuz gesehen wird?
        Ganz liebe Grüße, angenehme Nacht
        Klausbernd

        1. Guten Morgen, lieber Klausbernd,

          danke für die kurze, knappe Erklärung zu double bind. Sehr eingängig! Wir mißbrauchen also sozusagen das Wort…
          Darüber denke ich nach ….
          Den Friedhof in Prag habe ich ungekürzt als Hörbuch. Nachdem ich den Anfang gehört habe, beschloß ich, es für die Semesterferien aufzuheben. Es ist mir zu inhaltsvoll, um es neben der Vorlesungszeit zu lesen. Ich bin im Moment froh, wenn ich alles, was ich für das Studium lesen muss, schaffe.
          So höre ich im Moment als „Einschlaflektüre“ Donna Leons Brunetti .. ich habe sie bis zum 7. Fall schon einmal vor ca. 20 Jahren gelesen und bin nun erstaunt, woran ich mich noch erinnern kann.
          Es ist die heilige Theresa von Avila…. ich sende dir den Text, den wir dazu bekamen….
          Einen schönen Tag und liebe Grüße von Susanne

          1. Guten Tag, liebe Susanne,
            mir fällt nur noch von den Tagen meines Studiums des Spätmittelalters und der frühen Neuzeit ein, dass wie in der gesamten Sufi-Literatur auch bei Theresa von Avila sinnliche Liebe und göttliche Liebe, die als Gegensätze gesehen wurden, in eins gesehen werden wie auch bei Rumi, Attar und besonders in Nizamis „Leila und Madschnun“.
            Jetzt habe ich den Eco ausgelesen und begann von Leonard Cohen „Beautiful Loosers“ zu lesen.
            Ganz liebe Grüße
            Klausbernd

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