Im Museum, der Tod und ein Erzählstrang – Collage von Susanne Haun

Was bedeutet Collage? Gibt es sie nur in der bildenden Kunst?

Collage kommt vom französischen Verb coller und bedeutet kleben. In einer Collage werden einzelne Bilder zu einem Bild zusammengefügt und auf einen neuen Bildträger auf- bzw. zusammengeklebt.
Es gibt aber Collagen auch in der Literatur und Musik.
Auch mein Leben empfinde ich als Collage.

Neuzeitlich gibt es digitale Collagen. Ich überlege, ob meine Überzeichnungen (siehe hier) auch als Collagen bezeichnet werden können.

 Entstehung  - Vom Leben zum Tod (c) Collage von Susanne Haun
Entstehung – Vom Leben zum Tod (c) Collage von Susanne Haun

Ich begann diese Woche meine 100 x 40 cm große Collage „Vom Leben zum Tod“ (siehe hier). Dazu verwendete ich ein Fotoalbum vom Flohmarkt, wo besonders viel Babyfotos enthalten waren. Neben den Babyfotos habe ich Fotos von Verstorbenen in einem offenen Sarg mit Trauernden gefunden. So entstand der Titel der Collage. Ein Bild hat es sehr viel schwerer eine Geschichte zu erzählen als ein literarisches Werk. Im Text kann der Autor „nächstes Jahr“, „20 Jahre später“ oder „ein Jahr davor“ benutzen.

Pfeile sind sehr aussagefähig in Bildern. Ich benutze sie gerne, um Zusammenhänge oder das Vergehen der Zeit zu zeigen. Aber ein wenig plump sind sie schon! Die Kombination aus Baby- und Verstorbenenfotos veranschaulichen ebenfalls das Vergehen der Zeit. Das ist schon eleganter.

Ich war gestern in der Neuen Nationalgalerie und habe dort unter anderen eine Fotoreihe von Larry Clark zum Thema Jugend, Sex und Drogen gesehen. Die Serie begann mit einem Baby im Sarg. Eien sehr beeindruckende Serie, aufwühlend und bedrückend. Hier sind zwei Dokumentationen zu Larry Clarks Arbeit. Einmal berichtet er selber von seiner Arbeit und einmal wird von seiner Ausstellung in Frankreich berichtet.
Ist es Tabu, Särge auf Arbeiten zu zeigen? Ist der Totenkopf „standesgemäß“ aber der Sarg ein Zeichen des Schreckens?

 Entstehung  - Vom Leben zum Tod (c) Collage von Susanne Haun
Entstehung – Vom Leben zum Tod (c) Collage von Susanne Haun

An der Uni habe ich gelernt, dass das Vergehen auch zwischen zwei Bildern einer Serie gezeigt werden kann. Hogarth benutzt diese Technik in seinen Radierungen „Vorher“ und „Nachher“. Hier gibt uns natürlich auch der Titel schon Aufschluß über das Vergehen der Zeit.

Natürlich schreibe ich auch gerne auf meine Zeichnungen, denn ist die Kaligraphie nicht auch eine Zeichnung?
Ich achte jedoch darauf, dass die Schrift nicht „gesamtlesbar“ ist.

Nun muss ich ein wenig pausieren, mir die Collage anschauen, Ideen finden und sie erst im Kopf beenden bevor ich weiter real an ihr arbeite. Ich schaue meine Werke immer zwischendurch längere Zeit an, bevor ich sie vollende, denn nur beim Betrachten finde ich die weiteren Schritte.

19 comments

    1. Danke, Jörg, es ist eine kräfteraubendes Bild, in dem viel von mir steckt. Nicht nur emotional sondern auch gedanklich. Besonders interessant an dem Album und speziel an den beiden Fotos im Zentrum hat mich, dass offensichtlich der eine Mann zuerest am Sarg steht und beim nächsten Foto im Sarg liegt. Was macht den Kreislauf des Lebens besser sichtbar?
      Ich wünsche dir und deiner Familie einen schönen Adventsamstag, liebe Grüße Susanne
      P.S. Noch zum Thema menschliche Heilige, gehört dazu nicht auch eine Art von „Selbstvergessenheit“? Sich selber in den Hintergrund stellen, das kann sehr schmerzhaft und undankbar sein.

      1. O, das mit dem selben Mann hatte ich gar nicht bemerkt. 😳

        Das Bild hat etwas ‚Schillerndes‘. Die Vilefalt im Lebenskreis.

        Bei denen, die ich heilig nennen möchte, ist die Selbstvergessenheit kein Zwang, sondern kommt wie von selbst. Dir würde das schwer fallen? Mir auch… 😉

        1. Ich finde es interessant, dass du es als schillernd bezeichnest! Das wäre eine Eigenschaft, die ich dem Bild nicht sofort gegeben hätte, aber sie gefällt mir und drückt auch gut aus, was ich zeigen möchte.
          Nein, Selbstvergessenheit in seiner absoluten Form ist auch sehr schädlich, denn nur, wenn der Mensch auch mit sich selber eines ist und sich selber pflegt, kann er zufrieden sein. .. so würde mir Selbstvergessenheit auch schwer fallen.

        1. Ich habe die Nacht darüber nachgedacht, Jörg.
          Selbst wenn sie von innen kommt, kann sie sehr schädlich sein, denn die Gefahr der Ausnutzung und Enttäuschung ist extrem groß!
          Ich denke, viele nennen es auch Naivität, diese Selbstvergessenheit und Dummheit….. aber wenn es von innen her kommt, dann kann man es auch nicht ändern und durchläuft diesen Kreislauf immer wieder.

          1. „Selbtstaufgabe“ wäre für mich der negativ besetzte Begriff. So, wie du ihn umschreibst. „Selbstvergessenheit“ geht in meinen Augen nicht so weit, weil ich auch wieder zum selbst finden kann. Und jetzt hätte ich gerne einen , den du positiv annehmen kannst. Fällt mir gerade keiner ein.

            1. Respektvoller Umgang untereinander? Das trifft es, denn es ist ein Rücksicht nehmen auf die Gepflogenheiten und Gefühle der anderen.
              Gegenseitige Verantwortung übernehmen? Das trifft es auch nicht ganz, weil hier die Gesamtheit vernachlässigt wird…..

    1. Ja, Peggy, jetzt hängt die Collage hier und ich mache mir Gedanken, wie ich sie zu Ende bringe oder ich frage mich, ob sie schon fertig ist.
      Ich wünsche dir auch ein schönes Wochenende, liebe Grüße Susanne

  1. Liebe Susanne, das ist eine spannende Arbeit! Ich finde die Auseinandersetzung mit dem Thema „Tod“ ganz wichtig. In der Kunst hatte die vielleicht immer ihren Raum – an anderen Stellen wird sie in den letzten Jahren wieder offener „geführt“: Zum Totensonntag wieder sichtbar an den sehr, sehr vielfältigen Weisen, wie Leute – bewusst, nicht mehr, um irgendeiner „Form“ zu genügen – die Gräber ihrer Lieben schmücken. Liebe Grüße! Greta

    1. Liebe Greta,
      wie wir gestern schon gesprochen habe, der Tod ist Teil vom Leben und es ist gut, über ihn nachzudenken, denn es gibt soviel, was wir noch im Leben regeln müssen….
      LG Susanne

  2. Ein sehr interessanter Beitrag über dieses Thema. Gefällt mir. Ich versuche im Moment, einen Blog über meine Ahnen zu erarbeiten, gar nicht so einfach, sollte ja keine Aufzählung werden. Liebe Grüsse Ernst

    1. Ich finde es auch immer spannend etwas über meine Ahnen zu erfahren. Wer waren sie und was arbeiteten sie?
      Gibt es etwas von ihnen, was auch in mir steckt? Das sind viele Fragen, liebe Grüße von Susanne

  3. Liebe Susanne,
    du fragst, ob es tabu ist, Särge auf Arbeiten zu zeigen. Ich denke, es ist absolut legitim, denn der Tod ist ein unverzichtbarer Bestandteil des Lebens und wird viel zu sehr tabuisiert in der heutigen Zeit. Ich frage mich manchmal, ob Menschen nicht viele Dinge unterlassen würden, wenn sie sich dauerbewusst wären, dass Ihr Leben endlich ist…
    Zu deiner Collage: Mich spricht sie nicht an, weil ich die Darstellung des Themas als zu plakativ empfinde. Das ist allerdings meine ganz subjektive Meinung, und ich bin trotzdem sicher, dass dir da ein ganz besonderes Bild gelungen ist.
    Liebe Grüße von Elke

    1. Liebe Elke, danke für deine ehrliche Meinung.
      Manchmal möchte ich einfach plakativ sein, damit die Gesamtheit der Betrachter versteht, was ich erzählen will. Ich habe dieselbe Geschichte schon einmal und noch einmal und noch einmal erzählt… z.B. in diesem Bild hier: http://susannehaun.files.wordpress.com/2013/11/7-westfassade-120-x-80-cmc-zeichnung-von-susanne-haun.jpg, ich habe es am 2. Dezember geblogt.
      Oder in der Rolle des Lebens: http://susannehaun.com/2012/01/26/das-gedachte-und-die-rolle-des-lebens-objekt-und-konzept-von-susanne-haun/
      Verwende ich Attribute oder Gedanken in meinen Zeichnungen für Leben und Tod, dann habe ich meine Intention nicht offensichtlich gezeigt und die Zeichnung ist rafinierter von der Thematik aber ich muss damit rechnen, dass meine Gedanken nicht verstanden werden.
      Gut(!), um meine Gedanken festzuhalten, da habe ich meinen Blog…. aber wer der Betrachter liest letztendlich auch meinen Blog….
      Liebe Grüße von Susanne

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