Ist Kunst lehrbar? – Zeichnung von Susanne Haun

Ist Kunst lehrbar?

Ich habe mich in der letzten Zeit viel mit dem Bauhaus beschäftigt und unter anderem auch von Marion Ölmann (siehe hier) aus der Reihe KUNSTGeschichten die CD vom Bauhaus gehört.

Zuschauer Version 4 (c) Zeichnung von Susanne Haun
Zuschauer Version 4 (c) Zeichnung von Susanne Haun

Wer am Bauhaus studierte, der musste vor seinem Studium erst eine Lehre zum Tischler, Metallbauer und anderen Handwerken absolvieren. Erst nach erfolgereichem Abschluß im Handwerk wurden die Studenten auch tatsächlich zum Studium zugelassen. Während des Hörens der CD habe ich einige Sätze mitgeschrieben. So z.B.:

„Kunst an sich ist nicht lehrbar aber das Handwerk. Zum Künstler müssen sich die Studenten selber machen.“

Ich denke schon einige Zeit über diese Sätze nach und finde die Worte gelungen. Es gehört sehr viel mehr zum „Künstler sein“  hinzu als das Werk an sich.

Auf dem Markt, Version 3 (c) Zeichnung von Susanne Haun
Auf dem Markt, Version 3 (c) Zeichnung von Susanne Haun

Auf der Diorama (siehe hier) habe ich einige vorbeigehende Besucher gezeichnet. Ein paar Tage davor war ich bei einem Sportereignis im Olympiastadion und habe die Zuschauer beobachtet. Es ist erstaunlich, wie sich die Portraitzeichnungen unterscheiden. Die Zuschauer im Olympiastation  sind gebannt und leichter mit dem Füller auf meinem Papier festzuhalten als die Besucher der Diorama, die immer in Bewegung sind.

8 comments

  1. …….ich bin wirklich begeistert, wie packend Sie mit so wenig Strichen die verschiedenen Typen an Besuchern charakterisiert haben…;-)
    und es motiviert mich auch…
    LG
    LUMIC – Micha

  2. Liebe Susanne, ich finde das Zitat sehr treffend. Meine Schwiegereltern leben in der Nähe von Dessau und ich wollte mir immer schonmal das Bauhaus anschauen. Aber ich habe es noch nicht geschafft. Wir kommen meist nur zu Familienereignissen nach Deutschland. Da bleibt dann wenig Zeit für Anderes. Ich wünsche Dir ein schönes Wochenende, Peggy

    1. Liebe Peggy, das Bauhaus in Dessau lohnt sich wirklich aber ich verstehe, dass du wenig Zeit für anderes als deine Verwandten hast, wenn du in Deutschland bist. Als Ausgleich siehst du vieles in London, auch Orte, wo der „normale“ Tourist nicht hinkommt.
      Einen schönen Sonntag Nachmittag sendet dir Susanne aus dem sonnigen Berlin

  3. Kunst ist Ausdruck -> Also jeder ist dazu fähig!
    Bei manchen Menschen ist es allerdings intensiver zu spüren als bei anderen.

    Und an den Formen des Ausdrucks kann gearbeitet werden.
    Die handwerkliche Seite erweitert die Palette der Ausdrucksmöglichkeiten.
    So lassen sich Ideen gezielter transportieren.

    1. Ja, Karsten, so sehe ich es auch. Als ich noch sehr jung war, da war ich manchmal maßlos sauer und verzweifelt mit mir selber, weil ich so viele Inspirationen und Gedanken und noch nicht gelernt hat hatte, mich auszudrücken. Es erleichtert vieles, wenn man ein solides Grundwissen und Erfahrung besitzt 🙂
      Ich wünsche dir einen schönen Sonntag, Susanne

  4. Seit über 10 Jahren bin ich an der Hochschule in Saarbrücken als Dozent für Zeichnen tätig. Ich versuche, den Studenten auf Augenhöhe zu begegnen & vermittle weder Regeln noch Tricks oder Kniffe.

    Ich versuche lediglich, das Hinschauen, Beobachten & „richtige“ Sehen, zu trainieren. Schwierig genug. Ich halte es mit Herrn Arnheim: „Alles Wahrnehmen ist auch Denken, alles Denken ist auch Intuition, alles Beobachten ist auch Erfinden.“

    Beobachten ist Erfinden! Herrlich!

    Darüber hinaus frage ich, was wohl eine spannende Zeichnung ausmachen könnte. Ein gelungene Zeichnung geht ja meistens über das bloße Abbilden hinaus. Anfängern gelingen erstaunlicherweise & meistens zufällig gute Zeichnungen – sie erkennen es nicht immer.

    Beispielsweise ist jemand ist unzufrieden mit einem Ergebnis & radiert, kratzt, überzeichnet. So entsteht vielleicht irgendwo aus Verzweiflung eine Verdichtung, ein anderer Duktus. Manchmal lasse ich die Studenten eine Zeichnung beginnen, die der Nachbar fertig machen muss. Überraschende Mischtechniken sind das Ergebnis. Oder ich radiere einen Teil einer Zeichnung aus, wenn alles im gleichen Strich heruntergeleiert ist, sodass nur noch hauchzarte Linien zu sehen sind. Das Zarte gegen das Heftige, das Harte gegen das Weiche, das Dunkle gegen das Helle. Die Linie gegen die Fläche.

    Wo platziere ich den Akt? In der Mitte? Am Rand? Oben oder unten? Oder groß, formatfüllend, im Anschnitt?

    Wenn wir über Zeichnungen reden, stelle ich meistens Fragen. Zum Beispiel frage ich: „Warum hast Du das genau so gemacht? Ginge das nicht auch anders?“

    Oder: „Ist das zufällig entstanden oder absichtlich?“

    Oder: „Ist die weiche Kreide wirklich ein gutes Mittel, um ein hartes Podest aus Spanplatten darzustellen?“

    „Was bedeutet die Kreuzschraffur am Bein? Etwa eine Tätowierung? Eine Netzstrumfhose? Narben? Kratzer? Siehst Du da eine Schraffur oder unterschiedliche etwa Helligkeiten & Flächen?“

    Ich kann gut auf unterschiedliche Zeichnungen & Zeichner eingehen, versuche offen zu sein & versuche, gemeinsam mit dem Studenten, das Positive in einer Zeichnung zu erkennen & weiter zu entwickeln.

    Es ist wie mit dem Singen. Eigentlich haben alle Menschen eine Stimme. Mal mehr oder weniger gut. Alle können singen.

    Man muss auf dem Vorhandenen aufbauen & von da aus einen eigenen Weg finden. Und vor allen Dinge immer wieder Mut machen, mal ungewohnte Pfade zu beschreiten & vermeintlich sichere Wege zu verlassen. Mit Konventionen & Gewohnheiten brechen.

    Bis jetzt habe ich immer was aus diesen Gesprächen gelernt.

    1. Danke, Armin!
      Du hast viele Wege aufgezeigt, um den eigenen Strich zu finden.
      Nichts ist in der Zeichnung dekorativ, alles wohl überlegt.
      Meine neuen Schüler sind immer erstaunt, wie anstrengend das Zeichnen doch ist!
      Denn all die Fragen, die du gestellt hast, die wollen beantwortet werden. Und dazu muß der zeichner viel denken! Und denken ist Arbeit!
      Vielen Schülern fehlt auch einfach der Mut, den ich dann geben möchte. Der Mut, neues auszuprobieren oder mit einer gelungenen Zeichnung zufrieden zu sein.
      Mit Schraffuren haben es Schüler besonders schwer, sie geraten in Streß und schon werden die Linien hart und Netzstrumpfartig (der Begriff gefällt mir …. 🙂 )
      Du zeigst einen Weg, das Wesen der Zeichnung zu erkennen ….
      Einen schönen Tag wünscht dir Susanne

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