Dokumentationszentrum Nürnberg – Susanne Haun

Nürnberg ist von den Reichsparteitagen der Nazi-Zeit überschattet. Ein neues, gut gemachtes Dokumentationszentrum (siehe hier) weisst kritisch und in einer großen Gesamtzeit auf die dunkle Zeit der Stadt hin. Einen Tag haben wir dort verbracht, uns zuerst die Filme und Dokumtation angeschaut, um später die vorgeschlagene Runde durch das Gelände zu gehen.

Ich habe überlegt, ob ich die Fotos hier zeigen sollte. Natürlich fotografieren wir unter ästhetischen Gesichtspunkten, achten auf Vorder- und Hintergrund und überlegen uns die beste Aufteilung. Dokumentieren diese Fotografien ausreichend den Schrecken? Was meint ihr? Wie geht ihr mit unserer Geschichte um?

Wo Hitler auf der Tribüne stand, können jetzt Autorennen gesehen werden, die Startnummern schmücken den Asphalt. Die Bauwerke sind dem Verfall preisgegeben. Bald wird es bautechnisch nicht mehr sicher sein, auf den Tribünen zu stehen. Die Bauwerke wurden als Symbole mißbraucht und sind deshalb nicht wieder aufgebaut worden. Verfallen wirkt alles morbide, noch dazu war es relativ leer. Eine grausige Kombination – morbide und leer – ,die den Schrecken des 2. Weltkriegs stark verdeutlicht.

Seit meiner Kindheit werde ich mit diesen Schrecken konfrontiert und doch erschreckt mich die Organisation der Macht immer wieder.

 

14 comments

  1. Hallo Susanne,
    als ich im vergangenen Oktober mit Freunden hier aus Texas dort war, haben mich sowohl das Dokumentationszenrtum selber als auch die Gesamtanlage dort sehr beeindruckt und erschuettert. Alles, was ich dort – und frueher einmal bei einem Bescuh in Dachau – zu sehen bekommen habe, macht mich immer fassungsloser, wie so etwas geschehen konnte. Und mit Schrecken denke ich, dass, wenn so etwas einmal moeglich war, es sich wiederholen koennte.
    Mach’s gut,
    Pit

    1. Ja, Pit, es ist ein Schreckensszenario! Wir waren die Woche davor in Berlin in den Unterwelten – den Bunkeranlagen des 2. Weltkrieges im Bahnhof Gesundbrunnen. Es ist verstörend, zu sehen, was war und ich hoffe, der Mensch hat gelernt. Aber wenn ich die aktuelle Presse studiere, habe ich Zweifel an der Lernfähigkeit des Menschen.
      Solong, Susanne

  2. Ja, Susanne, es erschreckt mich auch immer wieder und das ist gut so!
    Was für eine feine Symbolik: die geschlossene Tür und die Bierflasche davor … die Pflanzen, die sich ihren Raum zurückerobern in all dem, was menschliche Schreckensherrschaft heissen kann …

    tolle Bilder insgesamt und ja … danke!

    liebe Grüsse
    Ulli

    1. Gerne, Ulli, die Bierflasche hat mich auch beeindruckt. Sie stand strategisch genau dort, wo Hitler mit seinen Schergen durch die Tür kam, um seine Reden zu halten. Wir sind auch noch total eingeregnet als wir das Außengelände besichtigten. Der dunkle Himmel und der prasselnde Regen erschienen mir wie eine passende Kulisse des Szenerie.
      Liebe Grüße von Susanne

  3. LIebe Susanne,

    danke für Deinen Kommentar und Euere eindrucksvollen Aufnahmen vom Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände in Nürnberg. Die Stadt verwaltet und gestaltet hier ein ausgesprochen schwieriges Erbe. Die Stadt der Reichsparteitage, der Rassen-Gesetze und schließlich der Nürnberger Prozesse gegen die nationalsozialistischen Haupttäter und zwölf Nachfolgeprozesse, gibt viel zu bedenken und zu verarbeiten. Mit dem Dokuzentrum, dem Memorium Nürnberger Prozesse und der Straße der Menschenrechte – die Du beim Germanischen Nationalmuseum wahrgenommen und fotografiert hast – hat sich die Stadt intensiv mit ihrer Geschichte auseinander gesetzt, und sie tut es weiterhin. Die Spannung ist ähnlich wie in Berlin, oder auch in Weimar – hier die Klassiker, da Buchenwald.
    Ebenso wie historische Reflexion und politische Antwort brauchen wir auch die künstlerischen und ästhetischen Beiträge, um die vergangenen Gräuel zu vergegenwärtigen und die Gegenwart anders zu verstehen und menschenfreundlich zu leben. Auf dem Gelände gibt es nicht nur Autorennen – 1978 gab Bob Dylan ein nachhaltiges Konzert.

    Für Interessierte: http://dokumentationszentrum-nuernberg.de/

    Herzliche Grüße, Bernd

    1. Lieber Bernd,

      danke für deinen Kommentar und Link, ich habe ihn gleich in meinen Beitrag eingefügt.
      Ja, es ist ein schweres Erbe, was nicht nur Nürnberg sondern ganz Deutschland zu vewältigen hat. Die Straße der Menschenrechte vor dem Germanischen Museum habe ich als sehr eindrucksvoll in Erinnerung und die Säulen mit den Artikeln der Rechte des Menschen sind imposant. Ja, es sind soviele Dinge zu berichten und der Text kommt neben meinen Zeichnungen und Fotos immer etwas zu knapp.
      Als wir auf dem Gelände der Reichsparteitage waren, hörten wir ein neues Technokonzert über den Ort schallen. So konnten wir die beschriebene Runde nur in leicht veränderter Form laufen. Nicht vergessen aber auch neu nutzen scheint mir ein gelungenes Konzept.
      Viele Grüße aus Berlin von Susanne

  4. Liebe Susanne,
    ihr habt dieses schwer zu benennende Gefühl der Beklemmung, die dieser Ort mir immer noch vermittelt, in eindrucksvolle Bilder gebracht … ja, wie Bernd aus Nürnberg schreibt: Es ist ein schwieriges Erbe. Mit dem Dokumentationszentrum gibt es in Nürnberg eine hervorragende Stätte der Information und Aufklärung. Wir ihr ja auch feststellen konntet: Das ist einen Besuch wert.
    Liebe Grüße Birgit

    1. Liebe Birgit,
      ja, Aufklärung und Information halte ich auch für den richtigen Weg, so wie es auch in Berlin gehandhabt wird. Ich hoffe nur, dass die Bevölkerung die Vergangenheit als warnende Geschichte vor Augen hat!
      Liebe Grüße von Susanne

  5. sehr sehr gruselig. ich finde es interessant, teile dieser geschichte der natur zu überlassen und sie ein bisschen zu „abandoned places“ werden zu lassen. ich finde, die morbididät solcher orte kann die schwere gut transportieren und macht sie zu orten der reflexion.

  6. Vielen Dank, Susanne, für diesen Post und die ausgewogenen Bilder. Ich war im Frühjahr mit meiner Familie dort und habe mir Anlagen und Ausstellung angesehen. Sehr morbide Bauwerke. Ich habe es damals nicht hinbekommen, Fotos und Text zu einem Blogpost zusammenzubringen. Das ist Dir hier klasse gelungen.

    Ich bin übrigens froh, dass in Berlin der Komplex der Reichskanzlei komplett verschwunden ist. Das würde heute auch sehr gruselig aussehen. Ich finde schon in Heidelberg die (immer noch gelegentlich genutzte) Thingstätte (https://de.wikipedia.org/wiki/Thingst%C3%A4tte_(Heidelberg)) ganz beklemmend.

    1. Ja, da hast du recht, ich bin auch froh, dass wir nicht mit diesem Symbol kämpfen müssen. Jedoch sind viele Speer-Bauten gerade noch in Berlin erhalten. So am 17. Juni das Ernst-Reuter-Haus https://de.wikipedia.org/wiki/Ernst-Reuter-Haus , das heute als Verwaltungsgebäude genutzt wird und heute wenig vom Schrecken der Nazi-Zeit ausstrahlt. Die Thingstätte in Heidelberg kenne ich nicht, danke für den Link. Wichtig ist, dass wir die Schrecken nicht vergessen und lernen, mit ihnen umzugehen.
      Ich wünsche dir einen schönen Freitag, liebe Grüße von Susanne

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