Echt Silber oder was? – Susanne Haun

 

Vorgestern las ich auf Martin Häuslers Blog Rumgekritzelt den Beitrag „Endlich wieder Silberbesteck“ (siehe hier), auf den er vom Silberbesteck seiner Familie berichtete. Ich kann nur empfehlen, den Beitrag zu lesen!

 

Silberbesteck im Kasten (c) Foto von Susanne Haun
Silberbesteck im Kasten (c) Foto von Susanne Haun

 

Wir haben uns köstlich amüsiert, vor allem, weil wir seit dem Sommer überlegen, was wir mit dem „na ja“ Silberbesteck meiner Tante Rohrbeck machen, dass ich schon im Alter von 12 Jahren erbte und seit her tapfer von Wohnung zu Wohnung schleppe, ohne es je benutzt zu haben. Es hat eine dunkle Patina angesetzt, wahrscheinlich ist es auch das letzte mal von meiner Tante geputzt worden ….
Ich mag im täglichen Gebrauch mein wmf „Lübeck“ Besteck, das meine Eltern zur Hochzeit bekamen und das sie mir vor knapp 10 Jahren schon zu Mamas Lebzeiten übergaben. Ich wusste auch einmal, wie die Dame heist (oder hieß), die dieses Besteck designt hat, leider habe ich es vergessen und selbst im Internet nicht herausgefunden.

 

Besteck (c) Zeichnung von Susanne Haun
Besteck (c) Zeichnung von Susanne Haun

 

Ich versuche meine Besitztümer immer wieder zu reduzieren. Ich möchte mich nicht mit Dingen zuschütten, die ich nicht brauche oder benutze. Ich denke da auch an meinen Sohn, ich möchte ihm auf keinen Fall eine unübersichtliche Anzahl an Habseligkeiten hinterlassen, die verhindern zu erkennen, was mir wirklich wichtig war. Bekomme ich ein neues Teil, geht ein Altes aus meinen Beständen. Ich bin stolz, dass ich mit 1 1/2 Meter Kleiderschrank auskomme und auch nur ein Kaffee- bzw. Eßservice besitze, das in täglicher Benutzung ist.

Gerade zur Weihnachtszeit finde ich diese Gedanken wichtig, der Geschenkewahn macht mich fertig. Ein Glück hat das meine Familie weitgehend eingestellt, ich verschenke „nur“ die Fotofamilienkalender in A3 wie jedes Jahr. Diese Kalender dokumentieren auch unser Jahr und unser werden und wachsen.

 

14 comments

  1. Da sagst du was! Ich habe vor 2 Jahren angefangen groß auszumisten. Und das Haus wird einfach nicht leerer! Gut, ein paar Ecken sind schon wieder recht luftig, aber es ist immer noch so viel da. Man will ja auch nicht einfacfh alles nur wegschmeißen, sondern „es ist doch noch gut“ 😉 Also: verkaufen, verschenken, an entsprechende Stellen wegbringen. Kostet alles seeehr viel Zeit. Aber definitiv merke ich mit den Jahren, dass ich einfach zu viel habe, gar nicht so viel brauche und auch wesentlich weniger neu kaufe als früher.

    1. Ja, so geht es mir auch, mit jedem Stück, was ich „freilasse“ fühle ich mich wohler. Immer wieder nehme ich mir vor, Schrank für Schrank durchzugehen und mir zu überlegen, was ich davon noch brauche und was nicht. Bei uns im Haus (Miethaus mit Hinterhaus und Quergebäude) werden Dinge, die man nicht mehr braucht, in den Durchgang gestellt und es findet sich zu 90 Prozent eine neue Besitzerin, Besitzer. Eine feine Sache ist das!
      LG Susanne

  2. Ich habe das Glück, dass es bei uns kaum etwas zu vererben gab, freue mich allerdings an dem Messer mit schwerem Silbergriff und bereits mehrfach erneuerter Klinge, das als einziges aus dem Haushalt meiner Oma auf mich gekommen ist. Sie wurde zweimal ausgebombt, und das Problem des Vererbens war mithin gelöst.

    1. Meiner Oma mütterlicherseits ging es genauso wie deiner Oma! Meine Oma väterlicherseits fiel mit ihrer Tochter in den letzten Tagen des Krieges in Halbe, sie hinterließ keine sachlichen Werte.
      Die „Erbtante“ war auch eine kinderlose Nenntante, Nachbarin in unserem Haus.

  3. Lovely sketches which for some reason reminded me of those lovely bottles painted by Giorgio Morandi. I have a set of small cake forks which make life very civilised-like a tea party with Jane Austen!

  4. Als meine Großmutter vor einigen Jahren starb, lösten ihre beiden Töchter den Haushalt komplett auf – sie war Wirtin gewesen, es gab also Geschirr ohne Ende. Und zudem hatte sie als uneheliches Kind einer Hausmagd in Niederbayern von früh auf erfahren, was Armut heißt – was in ihren späteren Lebensjahren dazu führte, dass sie alles hortete.
    Ich konnte ihre Töchter – also meine Mutter und meine Tante – verstehen, dass sie, in diesem Umfeld aufgewachsen, es zum Teil auch als „Entlastung“ empfanden, diese Dutzende von Teller, Gläsern, etc. weitergeben zu können – sie behielten wirklich nur die ganz privaten Dinge.
    Aber sie suchten für jeden Enkel etwas heraus – und so kam ich zu einem Bowle-Set und dem kompletten Silberbesteck meiner Oma. Auch wenn ich das nie benützen werde – mir würde es momentan noch sehr schwer fallen, das weiterzugeben. Es sind die Erinnerungen an die „Festtagsessen“ bei ihr, wo dieses Besteck aus der Schublade kam und verdeutlichte: Das ist jetzt vor allem für die Oma ein wichtiger Anlass.

    1. Meine Oma (mütterlicherseits) kaum von einem großen Bauernhof nach Berlin und ging hier in Stellung. Sie war die 11. von 13 Kindern. Gestern kam bei Terra-x die Sendung
      Ein Tag in der Kaiserzeit -Ein Tag im Leben der Dienstmagd Minna Eschler im Jahr 1907, du kannst es unter folgendem Link hier noch sehen. Ich fand es sehr interessant, noch dazu, weil der Schauplatz der Kaiserzeit Berlin ist.
      Zu dem Silberbesteck meiner Nenntante habe ich keine Beziehung, ganz anders als zu den wenigen Dinge, die meine Oma hinterliess und die ich in Ehren halte.

      1. Liebe Susanne, ja, es kommt auf die Beziehung an, die man zu dem Menschen hatte. Ganz doof gefragt: Was ist eigentlich eine Nenntante? Die Taufpatin? Ich kenne den Begriff gar nicht… Liebe Grüße, Birgit

        1. Liebe Birgit,

          Frau Rohrbeck wohnte in der Nachbarwohnung. Ich habe sie nicht Frau Rohrbeck sondern Tante Rohrbeck genannt. Sie hatten keine Kinder und so bauten sie eine Beziehung zu mir auf. Ich nannte sie also nur Tante, ohne, dass sie meine Tante war, also Nenntante.

          Der Duden sagt dazu: jemand, den jemand Tante nennt, ohne dass sie seine Tante wäre.

          Das war noch vor 1970, denn als der Kalte Krieg ausbrach, zogen Herr und Frau Rohrbeck aus Berlin weg nach Bad Eilsen. Sie hatten den Eindruck, dass West-Berlin nicht mehr lange existieren würde. Ich habe das im Alter von 5 Jahren nicht verstanden. Als Frau Rohrbeck dann in den 80ger Jahren verstarb, sandte mir Herr Rohrbeck einen Ring und das Silberbesteck zur Erinnerung an seine Frau. Beides besitze ich noch, möchte mich aber eigentlich vom Besteck trennen.

          Liebe Grüße von Susanne

          1. Liebe Susanne, das ist eine interessante Geschichte – und ja auch sehr lieb von Herrn Rohrbeck, dass er an Dich dachte…
            Dann hatte ich übrigens auch eine Nenntante: Die Tante Bertha, eine alleinstehende Frau, die neben der Wirtschaft meiner Oma einen kleinen Bäckerladen hatte, außerdem vier Schweine im Stall nebenan und bei uns immer den Nikolaus spielte, bis wir das durchschauten 🙂

            1. Liebe Birgit, ja, es war sehr lieb von ihm. Deshalb habe ich auch mit Julian gesprochen, ob er das Besteck haben möchte, aber er mag es auch moderner und so haben wir gemeinsam beschlossen, es zu verkaufen. Den Ring behalte ich, auch wenn ich ihn nicht trage. Er erinnert mich an „Tante Rohrbeck“.
              Schade, dass man so schnell dahinter kommt, dass es den Nikolaus nicht gibt. Deine Tante Bertha war bestimmt traurig, als ihr den Nikolaus durchschautet!

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