Manches Wissen, was einmal für jeden christlichen Gläubigen selbstverständlich war, geht im Laufe der Zeit verloren. So auch der Inhalt und Nutzen eines Stundenbuchs. Heute erfreuen wir uns in der Regel am reichhaltigen Bildprogramm dieser Handschriften.

Das Kernstück eines jeden Stundenbuchs ist das kleine Marienofficium. Es wird eingeteilt in das Matutin, das um Mitternacht gebetet wird und den Gebetstag einleitet. Es folgt das Laudes, das Morgenlob vor Sonnenaufgang. Zur ersten, dritten, sechsten und neunten Stunde des Tages schließen Prim, Terz, Sext und Non an. Am Abend reiht sich die Vesper, das Abendgebet an; das Complet als Nachtgebet, beendet den Gebetstag. Diese Einteilung gab dem Stundenbuch, Livres d’heures, seinen Namen. Die theologische Grundlage der Stundengebete ist im Brief des Paulus an die Thessalonicher zu finden, in dem es „Betet ohne Unterlass.“ heißt. Das Ziel des Stundengebets ist die Heiligung des Tages.
Die ersten privaten Stundenbücher entstanden um 1300 und die letzen handgeschriebenen um 1600. Die Laien, die diese Bücher nutzen waren sehr findig, wenn es darum ging, Lösungen zu finden, nicht zu den vorgegebenen Tageszeiten beten zu müssen. Sie beteten schon einmal einen ganzen Tag vor. Ich habe mich amüsiert, als unsere Professorin davon erzählte.
Ich erfreue mich beim Durchblättern der zahlreichen Faksimile, die die Bücherei der FU von Gebetbüchern besitzt, ebenfalls am meisten am Bildprogramm und habe neben Exzerpten von Beschreibungen von Stundenbücher mich zeichnerisch dem Stundenbuch genährt. Dazu habe ich in einfachen Linien die Flucht aus Ägypten festgehalten, die zur Vesper des Marienoffizium gebetet wurde.
Es war nicht einfach und ich war erst im 5. Anlauf mit der Zeichnung auf 15 x 15 cm zufrieden.
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Matutin: (lat. (hora) matutina von matutinus: „morgendlich“
Laudes Plural von lat. laus ‚Lob, Lobgesang‘
Prim von lat. prima [hora] ‚die erste [Stunde]
Terz von lat. tertia hora = dritte Stunde
Sext von lat. sexta hora = sechste Stunde
Non von lat. nona hora = neunte Stunde
Vesper (lat. vespera „Abend“
Complet lat. completorium ‚Schlussandacht‘
Die Zeichnungen in scheinbar einfachen Linien berühren. Ich betrachte sie mit dem Migrationshintergund der großen Wanderung im letzten Jahr, der anhaltenden Herbergsuche und dem Bild der Familie.
Danke für deine Worte, Bernd, ich freue mich, dass meine wenigen Linien berühren können.
Danke fuer dieses interessante Posting. Mir gefaellt die #5 ganz ausgezeichnet.
Das freut mich, Pit! Danke.
Toll! Als Historikerin begeistern Stundenbücher mich ebenfalls, ebenso wie Deine grafische Auseinandersetzung mit ihnen! Spannend wie Du mittelalterliche Motive neu interpretierst und sie damit würdigst.
Gestern haben wir an der Uni über 4 Stunden über Stundenbücher gesessen. Die FU hat als Schenkung eine Sammlung von Faksimile Stundenbücher erhalten, die wir uns nun anschauen. Es macht Spaß, mit den Büchern zu arbeiten, sie zu vergleichen und Neues zu entdecken.