Letternwald vom Blog Gelesenes & Gedanken (siehe hier) fragte mich gestern in den Kommentaren, ob ich mehr über die intentionellen Hintergründe meiner Linolschnitte erzählen könnte.

Ich bin 1965 geboren und die ersten 24 Jahre meines Lebens verbrachte ich im ummauerten West-Berlin. Für mich war es selbstverständlich, bei jeder Reise an der Grenze anzustehen und meinen Personalausweis zücken zu müssen.
Was das wirklich bedeutete, merkte ich erst, als die Mauer fiel und wir West-Berliner plötzlich ohne Ausweis und ohne anzustehen überall hinfahren konnten. Ich habe das als großes Glück und als große Freiheit empfunden.
Als dann der Euro eingeführt wurde und die innereuropäischen Grenzen fielen, da war ich überzeugt, wir „Europa“ könnten gemeinsam etwas Neues und Gutes schaffen!
Ich weiss, ich bin in gewisser Weise naiv – mein Wasserglas ist immer halbvoll und NIE leer.

Ich bin enttäuscht, dass Europa Schwierigkeiten hat, gemeinsam Krisen zu bewältigen und Lösungen zu finden. Ich bin enttäuscht, dass den Flüchtlingen vielerorts nicht geholfen wird. Ich bin enttäuscht, dass die Zäune und Mauern wieder gezogen werden.
Ich habe auch Angst vor immer größeren Rechtsradikalismus, nicht nur in Deutschland sondern überall.
Wo ist die Großzügigkeit, Toleranz und die Bereitschaft, von anderen Kulturen zu lernen, geblieben? Sicher, die Flüchtlinge müssen in die bestehenden Gesellschaftsformen und -werte integriert werden. Egal, ob die Flüchtlinge in Lybien, der Türkei, Italien, Österreich oder Deutschland landen, das ist sicher nicht leicht für sie. Es ist ein Stück Identitätsverlust, der der Preis der Flucht, Sicherheit und der Freiheit ist.
Diese Gedanken sind in meine Linolschnitte eingeflossen.
Danke für die klaren Worte!
Gerne, Ingrid. Das hat sich wohl auch ein wenig bei mir angestaut!
Meine Liebe das kann ich voll und ganz unterschreiben.
LG Bine
Danke, Bine, manchmal muß soetwas hinaus!
deine Erklärungen machen das „Lesen“ der Bilder leichter. Der Kopf – die Identität die zerfällt und sich neu erfinden muss. Ein schwieriger Prozess.
Ja, Gerda, das ist ein schwieriger Prozeß, er scheint auch immer schwieriger zu werden. Und anscheinend zerbricht die Welt und das, was wir uns vorgestellt haben, immer mehr!
Vielen Dank für die ausführliche Erklärung von Dir! Dass wir Grenzen hatten, ist ja wirklich nicht so lange her und geholfen haben sie uns sicher nicht. Schade, dass solche Vorfälle wie jetzt in Paris die Angst wieder größer werden lassen und der Wunsch nach Abgrenzung stärker wird. Wie schön könnten wir doch alle voneinander lernen!
Ja, Letternwald, das ist ein lang geträumter Traum, der anscheinend an den Emotionen und Religionen zu Grunde geht.
ausgezeichneten künstlerischen Kreationen… fröhliche Woche, Aquileana 🐉☀️
Danke, Aquileana, ich bin auch sehr zufrieden mit der Arbeit. In Berlin stürmt es heftig, liebe Grüße von Susanne