Erforschung des geflügelten Genius – Zeichnungen von Susanne Haun

Minus 17 Grad zeigte das Thermometer am Sonntag in Schwerin an. Das ist so kalt, dass die Gesichtszüge entgleiten und alles, was nicht bedeckt ist, weh tut.

So kam es, dass ich das erste Mal im Schweriner Schloss war. Ohne die Kälte hätte ich die dort untergebrachte Porzellansammlung nie gesehen, denn Porzellan ist nicht unbedingt meine Leidenschaft, wobei ich schon darauf achte, dass alles, was ich für meinen Haushalt zusammenstückle, weiß ist und somit ein einheitliches Tischbild entsteht.

Übersicht der geflügelten Genius' (c) Zeichnungen von Susanne Haun
Übersicht der geflügelten Genius‘ (c) Zeichnungen von Susanne Haun

Ich hätte auch nie erfahren, dass ich die Modelle von Meissen mag. Es sind kleine Skulpturen unlasiert, ganz weiss, sie beeindrucken durch die Haltung, die sie einnehmen.

Lasiert mag ich sie schon wieder nicht so sehr. Das Glänzende überdeckt die Grazie. Das Bunte wirkt kitschig. Ja, ich weiss, auch Kitsch ist Kunst. Aber da gibt es anderen Kitsch, der mir besser gefällt.

Besonders hat es mir der „Geflügelte Genius“ angetan. Das Modell ist von Christian Gottfried Jüchtzer, es wurde um 1800 ausgeformt.

Geflügelter Genius - 32 x 24 cm (c) Zeichnung von Susanne Haun
Geflügelter Genius – 32 x 24 cm (c) Zeichnung von Susanne Haun

Biskuitporzellan ist dem parischen Mamor ähnlich und besteht aus unglasiertem Porzellan mit einem hohem Feldspat- und niedrigem Quarzgehalt. Es wird zweimal gebrannt und wurde als Ersatz für Elfenbein von Jean-Jacques Bachelier erfunden.

Im Wikipedia steht, dass die Feinheit der Modellierungsmöglichkeiten und das weiche, samtene Erscheinungsbild der Biskuitporzellane vor allem vom späten 18. Jahrhundert bis zum Ausgang des Klassizismus für höchste Beliebtheit sorgten. Man kann mit dieser Porzellanmasse (kompakt und schmiegsam oder flüssig als Schlicker) leicht lebendige und kraftvolle Porträts fertigen, die auch Details naturgetreu abbildet. Die Oberfläche erscheint oft seidig matt glänzend, sie reflektiert nicht.

Der geflügelte Genius steht im Kontrapost und ist so ein ideales Zeichenobjekt, um Stand- und Spielbein zu erfassen. Gerne hätte ich ihn auch von hinten gesehen, diesen Genius, aber die Vitrine stand leider an der Wand.

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