Vorige Woche war ich bei der Lesung von T.C. Boyle im großen Sendesaal beim rbb.

Boyle las abwechselnd mit August Diehl zwei Kapitel in Englisch/Deutsch aus seinem neuen Buch “Hart auf Hart”. Boyle lebte während des Lesens seine Figuren. Es war beeindruckend, auch wenn ich sein amerikanisch nicht immer verstand.
Laura und Katja von aboutsomething berichteten auf ihrem Blog von ihrer Begegnung mit Boyle (siehe hier).
Katja schrieb schon vor einem Jahr einen Bericht über Boyle (siehe hier).
Ich möchte sie hier zitieren:
“Boyle ist das schlechte Gewissen der modernen amerikanischen Literatur, denn er wühlt in jenen Themen, die Amerikas Mythos vom Land der Freiheit und unbegrenzten Möglichkeiten manifestieren. Sein Figurenensemble zieht sich quer durch alle Gesellschaftsschichten: Es sind auf der einen Seite bekannte Wissenschaftler, beliebte Künstler, Erfinder, Entdecker, Forscher, Popstars und allesamt idealisierte Helden, die nahezu unantastbar geworden sind. Boyle zeigt ihre dunklen Seiten, ihre menschlichen Schwächen und vielschichtigen Charaktere, die der Leser vor allem durch jene Menschen betrachten kann, die mit ihnen leben, lieben und leiden.”
Katja von aboutsomething
Inzwischen habe ich auch “Hart auf Hart” gehört; das Buch hat mich sehr aufgewühlt. Es ist nicht das erste Buch Boyles was ich las bzw. hörte aber in diesem springt mich die Vergänglichkeit und Hilflosigkeit des Vaters an. Ich empfinde das Buch als Buch des Vaters, auch wenn in allen Medien der Sohn, sein Amoklauf und seine Krankheit an erster Stelle stehen. Die Erkenntnisse, die der 70jährige Vater aus den Ereignisse und aus seinem Leben zieht sind für mich der Kernpunkt des Buches. Aber vielleicht ist das auch nur meine Sicht auf die beschriebenen Ereignisse. Boyle sagt im rbb Interview: “Ich habe in keinem meiner Bücher gute Nachrichten für die Leser. Ich bin auch nicht optimistisch, was die Zukunft unserer Gattung angeht. Andererseits ist das gar nicht der Punkt. Denn ein Kunstwerk – und das Buch ist ein kraftvolles Kunstwerk, finde ich – transportiert dich heraus aus der sicheren eigenen kleinen Welt. Ich weiß nicht, wer es liest, ich schreibe nicht für andere, sondern nur für mich selbst. Ich versuche, diese Dinge selbst herauszufinden.”.
Ich bin eine Träumerin und etwas naiv, ich weiss das und so schäme ich mich nicht zu schreiben, dass ich noch für die Menschheit hoffe und an sie glaube. Ich mag es, dass Boyle sein Werk als Kunstwerk bezeichnet, denn das ist es auch. Die eigene Auseinandersetzung mit der Welt. Und ist es nicht das, was wir bis an unser Lebensende tun: uns mit der Welt und unserer Position in dieser Welt auseinandersetzen?
Wie immer musste ich die Lektüre zeichnerisch verarbeiten.
Mit meinem Sinnbild von T.C. Boyle kommuniziere ich mit dem Autor und seinem Werk.
Ich beginne diese Auseinandersetzung mit der Farbe, die ich für das Portrait wähle. Jeder Mensch hat einen bestimmten Farbkodex und für Boyle käme für mich nie blau oder eine andere kalte Farbe in Frage sondern eher rottöne. So habe ich das klassische Sepia und Caput Mortumm gewählt.
Da geselle ich mich als Träumerin und Optimistin gleich dazu 😉 Ich habe das Gefühl, gar nicht aufhören zu können, als hoffnungsvoll in die Zukunft zu blicken. Was bleibt einem, wenn man nicht mehr daran glaubt? Danke für den interessanten Beitrag. Ich finde es ja immer wieder spannend und ungemein inspirierend, wie du durch das Zeichnen die Dinge verarbeitest. Ein tolles Portrait und für mich sehr passend mit den dezenten Farben.
Liebe Anette,
ich denke, wenn wir als Frauen bereit sind, Kinder zu bekommen, dann müssen wir einfach optimistisch ins Leben schauen. Denn wir hoffen doch, dass unsere Kinder die Welt besser machen. Mein Sohn ist nun schon über 20 Jahre alt und ich habe keinen Tag, den er auf der Welt ist, pessimistisch ins Leben geschaut.
Liebe Grüße von Susanne
Vielen Dank für deine Worte, die mich grad sehr bewegen und das sehr treffende Portrait! Du hast ihn und seine verschmitzte Art wirklich toll “eingefangen”.
Ich würde Boyle auch insofern wiedersprechen, dass für mich Bücher, oder Kunstwerke im Allgemeinen nicht nur eine Möglichkeit sind, mich aus der sicheren eigenen kleinen Welt heraus zu transportieren, sondern auch in eine solche HINEIN. Denn wenn mir die Welt manchmal zu groß und unsicher scheint, ist die Literatur oder Kunst eine Möglichkeit, zu flüchten – Augenblicke lang.
An und für sich bin ich, wie du, eher optimistisch und habe noch Hoffnung für die Menschheit. Inmoment mehr denn je =) LG laura
Danke, Laura, es war sehr schön, dich am Dienstag zu sehen! Wir als Mütter müssen ja auch an das Gute im Menschen glauben! Liebe Grüße von Susanne