Gedanken und zeichnerische Notizen zur Langeweile – Susanne Haun

An der Uni habe ich den Text Boredom and Art: Passions Of The Will To Boredom von Julian Jason Haladyn² kennengelernt.

Detail Leinwand Hat meine Gedanken gelöscht (c) Susanne Haun
Detail Leinwand Hat meine Gedanken gelöscht (c) Susanne Haun

Schon die Einleitung hat mich zum Nachdenken angeregt.

Nach Lektüre des Texts, habe ich mich als erstes gefragt, welche Vorstellung Julian Jason Haladyn von Langeweile hat und ob diese sich mit meiner Vorstellung von Langeweile deckt.

Unter Langeweile verstehe ich ein Subjekt, dass nicht weiß, wie es seine Zeit verbringen soll. Ich verstehe unter Langeweile nicht das körperliche Nichtstun und Denken, was sehr anregend sein kann.

Langeweile wird im Duden als unangenehm, lästig empfundenes Gefühl des Nicht-ausgefüllt-Seins, der Eintönigkeit, Ödheit, das aus Mangel an Abwechslung, Anregung, Unterhaltung, an interessanter, reizvoller Beschäftigung entsteht, beschrieben.

Auf diese Definition greift Halady gleich am Anfang seines Texts zurück.

Halady beschreibt Langeweile als elitär. Er zitiert Benjamin, der die Langeweile als spezifisch modernes Phänomen beschreibt.

Langeweile befällt alle Klassen und die Langeweile einer Hausfrau, eines Fabrikarbeiters ist nicht weniger bedeutsam als die eines Politikers oder Philosophen. Das Leiden kann an individuellen Attributen oder sozialen Problemen innerhalb der Gesellschaft liegen. Langeweile entsteht aus der Beziehung zwischen dem Subjekt und der Welt. Halady stellt eine Verbindung zwischen der Industrialisierung und der Langeweile der konsumierenden Kultur her. Scheinbar wird die Langeweile mit der Erfüllung unserer Konsumwünsche bekämpft. Ich finde die Erkenntnis Haladys, dass die Langeweile eine Herausforderung der gelebten Sinnlosigkeit der Existenz ist, sehr interessant und nachdenkenswert. Ich verstehe nicht, was Halady damit meint, dass die Langeweile aktiv verwendet werden soll, um das Interesse der Menschen in Frage zu stellen.

Die Vorstellung von Langeweile soll als positive Erfahrung gesehen werden, als bewusster oder unbewusster und wissentlicher oder unwissentlicher ästhetischer Zustand der Moderne.

Leider ist mir aus der zur Verfügung gestellten Einleitung des Buchs nicht klargeworden, wie ich das  Kunstwerk in Zusammenhang mit der Langeweile zu betrachten habe.  Soll das Werk die Langeweile hervorrufen, die das Subjekt bewusst in Zeiten der Reizüberflutung zur Erholung benötigt?

Ich bin gespannt auf die Sitzung am Mittwoch.

Meine Überlegungen, wie ich eine Zeichnung zum Thema Langeweile gestalte, sind noch im Entwicklungsstadium. Gut passen meine Zeichnungen zum Thema Dämonen zur Langeweile.

 

 

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Haladyn, Julian Jason. Boredom and Art: Passions Of The Will To Boredom, Winchester u. Washington 2015, S. 1 – 5.

18 comments

  1. Na toll, jetzt ist mein Kommentar futsch … also
    Vorhin, als ich im nahen Städtchen nach einem T-Shirt Ausschau hielt, sah ich viele gelangweilte Hausfrauengesichter in den Schlussverkaufklamotten wühlen. Ich gehe nie aus Langeweile einkaufen, nur wenn mir etwas fehlt. Langeweile halte ich auch für ein Zeichen der Zeit und der jeweiligen Interessenlage, denn wenn jemand wirklich interessiert am Leben, an den Menschen, am Sein und allen dazugehörigen Fragen ist, wie soll da Langeweile auftauchen? ich kenne sie nur selten, aber in den letzten Wochen, als ich kaum lesen und auch sonst wenig von dem machen durfte, was ich gerne tue und will, da schon. Ich habe diesen Zustand nicht geliebt!
    Herzliche Abendgrüsse
    Ulli

    1. Liebe Ulli,
      ich gehe auch nur einkaufen, wenn ich etwas benötige nicht aus Freizeit. Jedoch glaube ich auch, dass es nicht nur die Hausfrauen sind, die sich dort tümmeln. Um in Kaufhäusern und den großen Einkaufsbunkern einkaufen gehen zu können, benötigt die Käuferin, der Käufer Geld und ich denke, es ist heute oft nicht so einfach zu verdienen. Ich tummel mich mehr in 2.Hand Läden oder Ateliers zum Austausch. Ich frage mich auch, wie Langeweile auftreten kann bei dem Angebot was wir in unserem reichen Land erhalten. Die Bücherein sind voller Bücher, die gelesen werden wollen, es gibt Sportangebote, Parks, in denen gelaufen werden kann. Aber ich glaube, es ist auch eine Frage der Erziehung und des Heranführens und des Charakters, ob Langeweile vorhanden ist oder nicht. Zeit sinnvoll zu nutzen will gelernt sein. Je älter ich werde, desto mehr sehne ich mich nach einem Tag Langeweile. Ich weiss nicht mehr, wie es sich anfüllt, ich wusste es als ich ganz jung war. Bis ca. 25 und dann war die Langeweile dahin.
      Einen schönen Tag von Susanne

  2. ein sehr interessantes Thema, sehr individuell, unterschiedlich, Langeweile kann Muse sein, Langeweile beginnt
    im Kopf……. eine Darstellung der Langeweile…. oh scheint mir schwer…….nachdenk……

  3. Ich sehe es wie afrikafrau. Und sorry Ulli, wer weiß schon ob Hausfrauen sich langweilen, ist auch ein bisschen Vorurteil behaftet! Ich zB. habe kaum soziale Kontakte und mir ist niemals langweilig im Gegenteil, so habe ich die Muse und Ruhe um Kreativ zu sein.

    Susanne, Deine Zeichnungen dazu, 👏👍
    Ganz besonders gefallen mir Nr.1 und Nr.4, echt klasse!

    Schöne Abendgrüße Babsi

    1. Danke für das Lob, Babsi.
      Vielleicht sollte ein neuer Begriff für das Wort Hausfrau geschaffen werden. Es ist so negativ behaftet. Wie würdest du dich außer Hausfrau noch nennen?
      Viele Grüße von Susanne

      1. Da ich Alleinstehend bin, zähle ich mich jetzt nicht darunter.
        Aber, ich denke wenn man seinen Haushalt, Familie sprich mit Kinder gut managen kann, dann ist dass ein Job. Und dann gibt es viele darunter, die zusätzlich noch arbeiten gehen.
        Und ich bin der Meinung, solche Frauen haben unseren uneingeschränkten Respekt verdient! Und vor den Alleinerziehenden ziehe ich noch ganz besonders den Hut!

        Fazit: Alles ist ein ernstzunehmender Job, wenn man es mit dem nötigen Antrieb und Verantwortung ausführt.

        Es wird ständig über Vorurteile geschimpft, Doch sie sind allgegenwärtig!

        Dir noch eine schöne Woche liebe Susanne!

        LG Babsi

        1. Liebe Babsi,
          ich glaube, ich habe dir noch gar nicht geantwortet. Ich denke auch, dass Hausfrau sein ein Job ist aber heute viele Frauen ihn als Nebenjob neben den Ausbildungsjob außerhalb des Hauses, der Wohnung betreiben. Es geht nicht, dass man zwei Dinge gleichzeitig gut macht, so wird im Nebenjob Hausfrau weniger getan. Obwohl ich saubere schöne ordentliche Wohnungen mag, ordnet sich meine Hausarbeit meiner Kunst unter, denn es ist immer wichtiger, dass ich meinen Geldverdienjob korrekt ausübe und ehrlich gesagt, natürlich macht mir das Zeichnen, Schreiben und Denken auch viel mehr Spaß als die Küche und das Bad wischen.
          Liebe Grüße sendet dir Susanne

  4. Liebe Susanne, Langeweile mag negativ behaftet sein, aber in der Kindererziehung beispielweise gibt es viele Stimmen, die betonen, dass Langeweile für die Entwicklung der Kinder wichtig ist (sozusagen der Gegenpol zum Freizeitstress). Ich konnte übrigens letztens aus erster Hand beobachten, dass Langeweile kreativ macht. Letzten Freitag waren hier bereits Ferien, aber sowohl mein Mann als auch ich mussten noch arbeiten. Da ich zu Hause arbeite ist das zum Glück kein grosses Problem. Mein Sohn kam einige Male jammernd ins Arbeitszimmer, ihm sei langweilig. Aber irgendwann begann er im Bastelschrank zu kramen und baute sich aus Papier, viel Klebstoff und Klebeband ein Floss. Er war den halben Tag beschäftigt. Ohne Langeweile wäre die Idee nicht entstanden. Deshalb glaube ich auch: Langeweile macht kreativ, vielleicht auch weil sie als negativ empfunden wird. Herzliche Grüsse, Peggy

    1. Danke für diesen Gedanken, Peggy. Ja, ich glaube, du hast recht. Ich bin auch noch nicht so zufrieden von der Definition der Langeweile. Ich bin sehr gespannt, wie die Diskussion morgen im Seminar läuft und was für Ideen dort hervorspringen. Ich bin auch gegen eine Dauerbeschallung von Kindern. Es ist wichtig, dass sie lernen, sich selber zu beschäftigen. Manchmal frage ich mich, ob ich meinen Sohn noch mehr zum Selbstbeschäftigen hätte animieren sollen. Ich habe immer viel mit ihm unternommen aber auch er musste wie dein Sohn sich selber beschäftigen, wenn ich arbeiten musste.
      Blogst du das Floß irgendwann? Ich bin neugierig.
      LG Susanne

      1. Ich hätte das Floss besser in Anführungszeichen setzen sollen. Mein Sohn nennt es so, aber es ist eher ein abstraktes Gebilde aus Papier. 🙂 Ich glaube, zum Bloggen eignet sich das „Ungetüm“ nicht 🙂 aber ich ermutige ihn trotzdem immer, alles mögliche auszuprobieren, nur so bekommt er schliesslich ein Gefühl dafür, was geht und was nicht. Liebe Grüsse aus Eastbourne, Peggy

        1. Das hört sich noch viel interessanter an, Peggy 🙂 Ich finde es toll, dass du ihn alles mögliche ausprobieren lässt, das fördert die Kreativität und das Selbstbewusstsein. Liebe Grüsse und weiterhin einen schönen Urlaub von Susanne

  5. Dass Langeweile kreativ macht (Peggys Kommentar), daran mag was sein. Die gefühlte Leere, das Vakuum im Kopf bei gleichzeitigem Wissen um die Sterblichkeit wirkt als Antrieb, endlich etwas zu tun, was „Sinn“ macht. Das gelingt sicher nicht ohne weiteres, die Langeweile kann auch sehr destruktiv wirken, aber der Impuls ist gesetzt. Deine Bilder finde ich diesmal ganz besonders ausdrucksstark und gelungen, besonders das Profil.

    1. Danke, Gerda, ja, Langeweile kann antriebslos wirken. In unserem reichen Europa gibt es viele Dinge, die der Mensch gegen die Sinnlosigkeit des Lelbens und die Antrieblosigkeit unternehmen kann. Ehrenamtliche Tätigkeiten, soziales Engagement wirken genauso wie Weiterbildung und die Vielzahl der Hobbys die bei den europäischen Arbeitszeiten ausgeübt werden können. Der Mensch in Europa kämpft in der Regel nicht mehr ums Überleben.

  6. Langeweile ist schwer zu definieren, kann sowohl positive wie auch negative Ursachen haben. Sie ist in der Ordnung wie auch im Chaos zu finden, sowohl in der Fülle des Lebens wie auch in der Einsamkeit. Auch glaube ich, dass der heutige ‚Zeitgeist‘ zunehmend eine Rolle spielt.
    Toll finde ich deine Zeichnungen zum Thema. Liebe Grüsse Ernst

    1. Danke, lieber Ernst. Ja, der Zeitgeist, vielleicht sollten wir der europäische Zeitgeist sagen. An vielen Orten der Welt steht das Überleben an erster Stelle und nicht die Sorge um Langeweile. Liebe Grüße von Susanne

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