“Linien müssen den Betrachter einhüllen und mit sich reißen, so daß er gezwungen wird, ebenfalls mit den Gestalten des Bildes zu kämpfen.” Umberto Boccioni
Dieses Zitat ist dem Vorwort zum Katalog der 1.Ausstellung futuristischer Malerei, Paris, 1912 entnommen. Ich bin erstaunt, dass ich mich zum Lesen der Thesen des Futurismus zwingen mußte, je länger ich lese, um so eingängiger wird mir der Futurismus und um so mehr verstehe und mag ich ihn.

Ich habe heute am Neptunbrunnen gesessen und das Treiben dort beobachtet. Alle Passanten sind so sehr mit sich selber beschäftigt, dass sie keine Zeit finden, sich von mir beobachtet zu fühlen. Noch dazu stellen sich immer wieder Besucher des Brunnens für ein Foto auf. Diese Sekunden nutze ich, um zu skizzieren.
Heute habe ich es nicht als Dogma genommen, die Linie in einem Fluß zu zeichnen, aber ich habe es nicht vergessen und den Stift nur dort abgesetzt, wo es wirklich notwendig war.

Besonders gefallen hat mir die Schulklasse, die sich in den Brunnen hängte. Wie ungewöhnlich zu zeichnen. Ich habe mit dem Brunnen angefangen zu skizzieren und habe mich dann immer mehr auf das zeichnerische, schnelle Sehen eingespielt. Der Brunnen wurde mit jeder Skizze uninteressanter und bewegungsloser.
Es ist immer wieder erstaunlich, welche Frische und Dynamik sich ergibt, wenn man bewegte Personen mit einer einzigen Linie, oder so wenig wie möglich Absetzern, zeichnet. Auch wenn die Proportionen nicht ganz stimmig sind, erfasst das Auge doch die ganze Person in der momentanen und beabsichtigten Bewegung. Ich liebe solche Zeichnungen.
Ja, Reinhard, das sehe ich auch so…