Verkaufte, nahe Vergangenheit – Flohmarkt – Collage von Susanne Haun

Bisher habe ich meine Gedanken an gekauften Fotos vom Flohmarkt immer mit alten Fotos, also wirklich alten Fotos, verbunden.

Gestern auf dem Mauerparker Flohmarkt habe ich erstmals festgestellt, was wirklich alles an Fotos verkauft wird. Ich war betroffen und entsetzt zugleich. Ein Stand hatte die wohlbekannten Fototüten, die es bis vor kurzem noch nach der Entwicklung eines analogen Films gab. Auf den Tüten standen Namen und Adressen, in den Tüten waren die Negative, Indexbild und die Fotos. Fotos, wie sie wohl jeder schon einmal von einer Urlaubsreise mitgebracht haben. “1997” stand als Datum auf der wahllos von mir gegriffenen Tüte.

Blatt 32 – Behütet (c) Collage von Susanne Haun
Blatt 32 – Behütet (c) Collage von Susanne Haun

Warum entsetzt mich das mehr als die bisher gefundenen s/w Fotos? Ist es die Nähe zu meiner eigenen Vergänglichkeit? Warum mag ich mit diesen Fotos keine Collagen arbeiten?

Ich denke darüber nach, was mit meinen ein Leben lang gesammelten Fotografien passiert, wenn ich Tod bin. Ich möchte nicht, dass sie auf dem Flohmarkt landen. Dann bleiben nur zwei Dinge: entweder die Zerstörung, solange es mir selber noch möglich ist, sie zu zerstören oder testamentarisch die Zerstörung festlegen. Ich tendiere zum ersten. Ich denke weiter darüber nach. Das sind noch nicht meine letzten Gedanken zum Thema.

Blatt 10 War sie Schneiderin 25 x 25 cm (c) Collage von Susanne Haun
Blatt 10 War sie Schneiderin 25 x 25 cm (c) Collage von Susanne Haun

Ein paar Worte zum Flohmarkt am Mauerpark:
Er ist voll und skuriel. Ich konnte mich dort kaum bewegen. Ich höre einen Mann sagen, dass jemand tatsächlich Geld für seinen Müll haben möchte. Umzugskisten, die lieblos und unsortiert mit ihrem Inhalt zum durchwühlen auf Tapetentischen stehen. Gefällt mir das? Ist es die Jagd nach einem Schatz, die die vielen Leute dort in die Kisten wühlen lässt?

Auf der Internetseite des Mauerparks finde ich ein Zitat von Wladmir Kaminer: “Der Mauerpark ist eine typische Berliner Sehenswürdigkeit: „Hier gibt es weder eine Mauer, noch einen Park.“ Das trifft es!

Trotz aller meiner Ausführungen habe ich wieder alte s/w Fotos vom Flohmarkt mitgebracht. Ich denke, sie sind aus den 60ziger Jahren, genauso persönlich, wie die aus den 90zigern aber ich habe diese Zeit nicht erlebt und so eine viel größere Distanz dazu.

Blatt 32 “Behütet” ist eine neue Collage während Blatt 10 eine überarbeitete Collage von 2012 ist.

 

 

2 comments

  1. So ging es mir auch bei meinem (ersten &) letzten Mauerparkflohmarktbesuch. Sehr voll und teilweise wirklich liebloser Umgang mit den Sachen. Es passt irgendwie nicht, wenn das zu verkaufende Objekt nur von einem|r der Handelspartner|innen als wert-voll angesehen und behandelt wird (und dann dennoch z.T. mit horrenden Preisen belegt wird). Da gehe ich dann doch lieber zu den kleineren Trödel- und Flohmarktläden um die Ecke…

    1. Ich finde es toll, Mirjam, dass du auch dieser Meinung bist. Genau das war auch unsere Erkenntnis. Dann lieber in die Weddinger Trödelläden um die Ecke als im Mauerpark. Wir haben auch festgestellt, dass die kleinen Flohmärkte, die es früher an jeder Ecke gab, verschwunden sind. Schade!

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